IGA Campus Kann man grüne Frösche anfassen?

Das Kinderforscherzentrum HELLEUM bietet Outdoor-Workshops zum Thema Naturerkundung auf dem IGA Campus Gelände an. Ein Besuch.

Aus Pflanzen, Steinstaub und Wasser soll grüne Farbe hergestellt werden
Eine Gruppe Kinder will Farbe aus Pflanzen herstellen Barbara Halstenberg

Ein Maitag in Berlin Marzahn. Es ist heiß, die Luft schwirrt, keine Wolke am Himmel. Das Haselnusspodest, unter Bäumen versteckt, liegt im Schatten. Auf Tischen verstreut liegen Mörser, Mikroskope und Schüsselchen sowie Töpfe, Pinsel und Lupen. Auf der Erde vor dem Podest liegen Spaten, Schippen, Netze und Insektensauger. Auf Bänken liegen Insektenbestimmungsblätter verstreut. In einem Glas krabbelt ein seltsames Insekt, in einem anderen schwimmt im Wasser ein Regenwurm. Gleich startet hier, im Rahmen des IGA Campus der IGA 2017 Berlin , ein Workshop für Schulkinder zum Thema „Lebensraum erkunden – Flora und Fauna wahrnehmen und beobachten“. Angeboten wird der Workshop vom Kinderforscherzentrum HELLEUM, dessen wissenschaftliche Leitung bei Prof. Dr. Hartmut Wedekind von der ASH Berlin liegt. 

Ein Minifischkrebs, eine Fischlarve, eine Froschlarve
Die Kinder der 5. Klasse der Regenbogengrundschule versammeln sich aufgeregt durcheinanderredend vor dem Podest. Sie fassen die Geräte an, rufen und fragen.„Da ist was im Becher!“, ruft ein Junge.
„Genau“, sagt Holger Haas, Lernbegleiter im Kinderforscherzentrum Helleum, „ganz richtig, du hast es schon erkannt, das hat die Klasse vor euch gefunden.“
„Was ist das?“, fragt ein Mädchen.
„Gute Frage“, antwortet Holger, wir haben auch lange geguckt was das ist.“ „Ein Minifischkrebs, ein Fischlarve, äh, eine Froschlarve“, rätseln die Kinder aufgeregt. Alle wollen das kleine Krabbeltier sehen.
„Vielleicht findet ihr ja auch Insekten“, sagt Holger, „wir haben hier einige Sachen für euch aufgebaut, die könnt ihr alle benutzen.“ Holger zeigt den Insektensauger.
„Ih, Ärghs! rufen ein paar Kinder.
„Damit lassen sich wunderbar Insekten einsaugen“, erklärt Holger. Er führt die Kinder einen kleinen Weg hinunter zum Wassergraben. Sträucher und Bäume stehen in schwarzer Matscherde.
„Hier ist schöner Matsch, da kann man wunderbar nach Tieren Ausschau halten, aber passt auf, dass ihr hier mit den Knien nicht im Matsch vergluckert“, sagt Holger. 

„Ich hab einen Versuch!“
Einige Kinder stürmen mit Keschern und Spaten hinunter zum Wassergraben andere holen Erdproben oder gehen mit dem Insektensauger auf Insektenjagd.„Amina guck mal! Das Blatt glitzert richtig!“, flüstert ein Mädchen mit blondem Zopf begeistert, während es durch ein Mikroskop schaut.
„Ich hab ein Versuch!“ ruft ein anderes Mädchen aufgeregt, ich hab einen Regenwurm!“
„Wow, du hast einen großen, ich hab einen minikleinen“, antwortet ein Junge. „Der Regenwurm kommt eigentlich nur aus seiner Höhle raus, weil da Wasser reinläuft.“
„Wir haben eine Spinne, wo ist ein Glas, schnell, schnell, schnell, hier. Wir haben einen Wurm und eine Spinne!“, rufen andere Kinder aufgeregt durcheinander.
Auf der anderen Seite des Haselnusspodests ertönt eifriges Geklöppel. Vier Schüler_innen zerstoßen kleine Steinchen zu Sandstaub – Sandstein aus Rüdersdorf. Mit unterschiedlichen Sieben sortieren zwei Jungen verschieden große Steine auseinander. In einer anderen Ecke gehen zwei Mädchen zusammen mit dem Lernbegleiter Andreas Hörster der Frage nach, warum der ausgerissene Brennesselzweig nicht mehr piekst.
„Vielleicht weil sie alt sind?“, mutmaßt die Eine.
„Vielleicht hat sie keinen Saft mehr im Stengel, weil sie ja nicht mehr verbunden ist mit dem Rest der Pflanze und der Wurzel“, überlegt die Andere.

Farbe aus Pflanzen herstellen
Die Mädchen Olivia, Lena und Nura wollen grüne Farbe aus Blättern herstellen. Sie zermalmen grüne Blätter mit den Mörsern, mischen weißen Steinstaub und Wasser dazu.„Wie geil ist das denn, wir stellen einfach Farbe her!“, ruft Lena. Neben dem Mörser steht ein Handy und nimmt alles für Instagram auf. Die Mädchen schmieren sich die hellgrüne Paste auf die Hände und machen Handabdrücke auf Papier.
„Wir mischen noch Blumen mit unter, um andere Farben zu bekommen!“, ruft eine Olivia und rennt los, bunte Blumen suchen.
„Oah, das riecht voll süß hier, nach Blättern“, staunt ein Junge, der sich die Pasten anschaut.

Forschendes und entdeckenden Lernen
Das Kinderforscherzentrum HELLEUM arbeitet mit der Methode des forschenden und entdeckenden Lernens, die auf eigenen Fragestellungen und selbsttätigem und eigenaktivem Forschen der Kinder basiert. Im individuellen Annähern an den Forschungsgegenstand und durch eigenes Experimentieren sammeln Kinder dabei Erkenntnisse und lernen Methoden des naturwissenschaftlichen Arbeitens kennen, diese anzuwenden und zu verinnerlichen. Das Konzept wird auch in den IGA-Campus Workshops angewandt. Die Kinder bekommen Materialien wie Kescher, Mörser und Lupe gestellt, womit sie Flora und Fauna selbständig entdecken und erforschen können. Jedes Kind entscheidet individuell, was es gerade erforschen möchte, zugleich ist jedes Kind selbst aktiv und beteiligt am Lernprozess. So funktioniert entdeckendes Lernen. Unterstützt werden die Kinder durch die Lernbegleiter_innen des Helleums. 

Wie kommt die Kohle in den Boden?
Das Mädchen Jamy hat mit einem Bohrstab Erde aus einem halben Meter Tiefe herausgeholt und darin Asche gefunden.
„Ist das Kohle? Ich hab Kohle gefunden!“, ruft Jamy. Sie siebt die Kohle aus. „Wie kommt denn die Kohle in den Boden?“ fragt der Lernbegleiter.
„Durch Asche und Staub“, antwortet Jamy.
„Was ist denn Kohle?“ fragt der Lernbegleiter weiter.
„Kohle ist ein Material.“
„Und wie entsteht Kohle?“
„Durch Feuer und Asche, die geht dann in den Boden rein und kühlt ab und wird steinhart.“
„Also war hier vielleicht mal ein Feuer in der Nähe“, überlegt der Lernbegleiter.„Vielleicht von den alten Indianern“, überlegt Jamy. 

Kann man grüne Frösche anfassen?
Eine andere Gruppe Kinder hat eine Kröte und zwei Frösche gefangen. In einem durchsichtigen Plastikbehälter, den die Kinder mit Matsch und Wasser gefüllt haben, beobachten sie die Tiere. Fotos werden geschossen und aufgeregt überlegt, was Kröten wohl fressen.
„Kann man grüne Frösche anfassen?“, fragt ein Mädchen.
„Ich hab schon mal einen Frosch geküsst im Garten!“, sagt ein Junge. Die Frösche werden von Hand zu Hand gereicht, nachdem die erste Anfangsscheu überwunden wurde.
„Mein Frosch hat nur ein Auge!“, ruft ein Mädchen.
„Dann hat er schon einen Storchenkampf gehabt“, sagt Holger.

Wann kommen die Regenwürmer aus der Erde?
Am Ende des Workshops versammelt sich die Klasse zur Abschlussrunde. „Was habt ihr entdeckt?“, fragt Holger. Die Kinder erzählen von ihren Erlebnissen, wo und wie sie etwas gefunden haben. Gemeinsam überlegen sie, wo Frösche leben, ob Kröten und Frösche die gleichen Geräusche machen und wie aus Pflanzen Farbe hergestellt werden kann. Die Lernbegleiter sind zufrieden mit der Gruppe. Sie freuen sich, dass der Workshop auch für die Älteren funktioniert, wie diese fünfte Klasse.
„Die Älteren entdecken viel und nutzen die Zeit“, sagt Andreas, „Insekten, die sich bewegen lösen bei den Kindern immer eine große Faszination aus.“ Die letzte Gruppe, eine 1. Klasse, hatte vor allem Regenwürmer gefunden. Zusammen überlegten die Kinder, wann die Tiere aus dem Boden kommen. „Dabei geht es gar nicht darum, was richtig und was falsch ist“, sagt Andreas, „wichtig ist, das jeder mal überlegt und alle gehört werden.“ Eine besondere Idee ist den Lernbegleitern noch in Erinnerung geblieben: Die Regenwürmer kommen hoch, wenn es regnet, weil dann die Vögel unter den Bäumen Schutz suchen und die Regenwürmer endlich ungestört sind.

 

HELLEUM auf dem IGA-Campus
Im September bietet das HELLEUM auf dem IGA Campus Gelände weitere Outdoor-Workshops zum Thema Naturerkundung an. Mit Erdbohrer, Kescher, Sieb, Mörser und Insektensauger begeben sich die Kinder auf Wiese, Wäldchen und Böschung auf Erdschichten-, Tierchen-, Wasserprobensuche und haben die Möglichkeit via Mikroskop, Thermometer und Waage die Dinge vertieft zu erforschen.
Schulklassen können sich hier anmelden.