Seitenwechsel „Jugendlichen nach ihrer Genesung den bestmöglichen Start zurück in den Alltag ermöglichen“

Die Gründerinnen Melisa Kalayci und Sabrina Zanella im Interview über eine Wohngruppe für krebserkrankte Jugendliche, die sie planen...

 

Auf dem Foto sind die beiden Die Gründerinnen Sabrina Zanella (links) und Melisa Kalayci zu sehen.
Die Gründerinnen Sabrina Zanella (links) und Melisa Kalayci. ASH Berlin

Mit seinem Gründer*innenzentrum und dank der EXIST-Women Förderlinie (mit Mitteln des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) unterstützt die ASH Berlin Frauen, die über eine Selbstständigkeit nachdenken schon in der Phase vor der Gründung. Einige der Frauen und Ideen stellen wir in den nächsten Wochen auf alice online vor.
Los geht es mit einem Doppel-Interview mit Melisa Kalayci und Sabrina Zanella, beide sind Studentinnen im Studiengang Management und Versorgung im Gesundheitswesen (MVG), die gemeinsam eine Wohngruppe für krebserkrankte Jugendliche gründen wollen.

Worum geht es bei eurer Gründung?
Melisa Kalayci:
Bei unserer Gründung geht es um eine Herzensangelegenheit. Im Studium haben wir durch das Lesen von Studien eine Lücke in der Versorgung von onkologisch erkranken Kindern und Jugendlichen entdeckt. Unser Grundgedanke ist, einen Ort zu schaffen, der an Krebs erkrankte Jugendliche in der Re-Integration in den Alltag fördert. Ob im Rahmen einer Wohngemeinschaft oder wie in einem Hospiz, daran arbeiten wir noch. Hauptziel unserer Idee ist, den Jugendlichen nach ihrer Genesung den bestmöglichen Start zurück in den Alltag zu ermöglichen.

Welche besonderen Hürden muss man als Unternehmerin überwinden, die eine Wohngruppe für Krebserkrankung Jugendliche gründen will?
Sabrina Zanella:
Die größte Hürde ist das Vertrauen in sich selbst. Um sich von so einer großen Idee nicht erschlagen zu lassen, gilt es Step by Step voran zu kommen. Es muss ganz viel Rechtliches geklärt werden, allgemeine Rahmenbedingungen, Finanzen … das klingt wenig, aber unsere To-Do-Liste ist aktuell unendlich lang.

Eine Gründung ist ein Prozess. Wo steht ihr? Was ist euer nächster Schritt und wie weit ist das Ziel noch entfernt?
Sabrina Zanella:
Da wir diese Gründung zu zweit anstreben, teilen wir uns auch die Aufgaben. Wir wurden durch das Schreiben unserer Bachelorarbeit ein wenig aus der Bahn geworfen, starten aber wieder voller Energie in unsere Idee. Wir stehen noch ganz am Anfang. Nun stecken wir die Köpfe zusammen und überlegen, welche nächsten Schritte ratsam wären. Parallel bauen wir ein Netzwerk auf, versuchen uns so viel wie möglich über unser Thema auszutauschen, um dadurch neue Ideen zu gewinnen und zu lernen.

Ihr geht die Gründung zu zweit an. Kanntet ihr euch schon vorher oder habt ihr euch mit dem Projekt gefunden?
Melisa Kalayci:
Vor dem Studium kannten wir uns nicht, witzigerweise haben wir herausgefunden, dass wir uns schon einige Male vor dem Studium begegnet sind, aber nie miteinander gesprochen haben. Daher würde ich eher sagen, die ASH Berlin hat uns zusammengebracht. Wir haben relativ schnell im Studium gemerkt, dass wir uns gut verstehen. Wir fingen an, gemeinsam zu lernen und gemeinsam Prüfungsleistungen zu bestreiten – und im Rahmen einer Prüfungsleistung entwickelte sich dann diese Idee.

Wie profitiert ihr voneinander?
Melisa Kalayci:
Wir profitieren sehr stark voneinander, da wir uns auf eine Art sehr ähnlich sind und doch wieder ganz unterschiedlich. Jede von uns bringt ganz andere Interessen, ganz anderes Wissen mit in das Projekt, was für unsere große Idee ein riesigen Pluspunkt ist. Aber auch für uns als Menschen, weil wir voneinander viel lernen können. Der größte Profit ist jedoch, dass daraus eine wundervolle Freundschaft entstanden ist und wir einander immer wieder stützen. Ist die eine erschlagen und unmotiviert zieht die andere sie wieder hoch und umgekehrt.

Wie ist die Aufgabenverteilung?
Sabrina Zanella:
Eine klare Aufgabenverteilung haben wir nicht, wir teilen uns immer mal wieder auf, wenn wir die nächsten Schritte besprechen, um schnell ans Ziel zu gelangen. Wir haben aber einen Grundgedanken an den wir uns halten, das ist eine klare Kommunikation untereinander.

Betroffene Jugendliche leiden dank Unterstützung weniger an Langzeitfolgen

Groß gedacht: Bei erfolgreicher Gründung, wie profitiert die Gesellschaft von eurem Vorhaben?
Melisa Kalayci:
Bei erfolgreicher Gründung profitieren in erster Linie die Betroffenen, also an Krebs Erkrankte. Die Jugendlichen haben die Möglichkeit, sich entwicklungstypisch in der Pubertät von den Eltern abzunabeln. Ich bin überzeugt, dass Betroffene durch diese Unterstützung weniger an Langzeitfolgen leiden als Jugendliche, die dieses Angebot nicht wahrnehmen können. Die Gesellschaft würde ebenso davon profitieren. Die Themen Tod und Sterben sowie der Umgang mit schwersterkrankten Menschen waren viele Jahre ein Tabu. Wir machen viele Fortschritte, doch die sind noch nicht ausreichend. Betroffene werden weiterhin oft an den Rand der Gesellschaft getrieben, weil sich niemand traut, über dieses Thema zu sprechen. Mit unserer Gründungsidee holen wir es mitten in die Gesellschaft. Darüber zu sprechen durchbricht das Schweigen und nimmt Angst - davon profitieren wir.

Wobei unterstützt euch das EXIST-Women-Programm?
Sabrina Zanella:
Das EXIST-Women-Programm unterstützt mich dahingehend, dass wir zwei wunderbare Begleiterinnen haben, die uns durch das Programm führen. Eine weitere große Unterstützung sind unsere Mentorinnen, für die wir sehr dankbar sind.

Welche Rolle spielt die ASH Berlin generell bei deinem Vorhaben?
Sabrina Zanella:
Die Rolle der ASH Berlin muss ich einigen Dozent_innen zuschreiben, durch die wir inspiriert und motiviert wurden.

Welchen Rat möchtest du künftigen Unternehmerinnen der Hochschule mit auf deren Weg geben?
Melisa Kalayci:
Menschlichkeit ist das Wichtigste! Und bleibe dir selbst treu! So wirst du dich auf deinem Weg nie verlieren. Träume sind kostbar und diese sollten wir uns auch zugestehen. Wenn du an etwas glaubst, halte daran fest. Die Grenzen, die dir von der Gesellschaft zugetragen werden, sind nicht deine, sondern ihre.