Seitenwechsel „Ich wusste, ich kann das“

Alumna Maxi Pfeiffer-Barth machte sich ohne finanzielle Mittel und alleinerziehend, aber mit großer innerer Überzeugung und Mut selbstständig.

Portraitaufnahme von Maxi Pfeiffer-Barth, Alumna der ASH Berlin
Alumna Maxi Pfeiffer-Barth hat an der ASH Berlin Soziale Arbeit studiert und ist mittlerweile als Supervisorin und Coachin selbstständig tätig.

Am Anfang Ihrer Karriere haben Sie eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Warum haben Sie sich entschieden, danach Soziale Arbeit zu studieren? 

Ich habe Kauffrau im Gesundheitswesen im Seniorenheim gelernt. Das hieß, dass ich bereits hier mit Sozialarbeiter_innen zusammengearbeitet habe und die Arbeit mit und für Menschen eine zentrale Rolle gespielt hat. Ich hatte eine wunderbare Ausbilderin, die mich in den ersten Tagen auf Station schickte, damit ich im Büro später weiß, für wen die Einrichtung wichtig ist. Das hat mich sehr geprägt. Mir liegt das Kaufmännische. Meine Ausbildung konnte ich mit sehr guten Noten beenden. Auch das hat mein Selbstvertrauen für ein Studium gestärkt. Nach der Ausbildung war ich in verschiedenen Bereichen im Sozialwesen tätig, bekam zwei Kinder. Zuletzt habe ich junge, benachteiligte Menschen ausgebildet und Coachingprojekte geleitet und konzipiert. Da wusste ich dann auch, dass ich nun mehr will. Ich war wieder bereit für die Schule. Ich wollte mehr wissen, mehr lernen, mein Potential herausfordern. Bei meinem vorherigen beruflichen Weg war es am Ende keine Frage mehr, was ich studieren werde: Soziale Arbeit ganz klar.

Haben Sie für Ihr Studium eine finanzielle Unterstützung erhalten? 

Ich habe ein Stipendium von der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) bekommen. 

Wie lässt sich Ihre berufliche Laufbahn nach Beendigung des Studiums an der ASH Berlin beschreiben? In welchen Praxisfeldern waren Sie tätig? 

Ich habe während des Studiums in allen Semesterferien in verschiedenen Einrichtungen für 1-2 Wochen ein Praktikum absolviert. Meine vorherigen Kontakte haben mir da sehr geholfen. Ich habe in Jugend-WG’s reingeschaut oder war z.B. bei Schulsozialarbeiter_innen. Mein Pflichtpraxissemester während des Studiums habe ich dann im Jugendamt absolviert. Ich wollte wissen, wie das Amt arbeitet, schließlich war zu erwarten, dass ich mit Ämtern häufig zu tun haben werde. Wider erwartend fand ich es super. Eine Mischung aus sozialer Arbeit und meinem kaufmännischen Grundberuf. Also blieb ich. Ich wurde gleich nach meinem Praxissemester, noch während des Studiums angestellt. Ich habe dort den Bereich §35a SGB VIII konzeptionell aufgebaut und bin auch nach meinem Studium geblieben. Irgendwann ging es aber für mich nicht weiter. Ein Masterstudium wollte das Amt nicht unterstützen, qualifizierte Weiterbildungen wurden jedes Jahr immer nur für einige Wenige bewilligt und die Arbeitszeiten waren sehr unflexibel. Ich war zu dem Zeitpunkt alleinerziehend und wurde meinen eigenen Anforderungen an mich und an den Job nicht mehr gerecht. Also kündigte ich und übernahm daraufhin die Projektleitung eines Bundesprojektes, das sich mit Ehrenamt und Migration beschäftigte. Ich habe mich nach dem Projekt selbstständig gemacht. Die ersten Jahre waren schwer und so habe ich mich noch einmal zeitweise in Teilzeit in einem Rehaklinikum als Sozialarbeiterin anstellen lassen. Hier war aber von Beginn an klar, dass ich mit den Stunden immer weiter runter gehen werde und meine Selbstständigkeit Vorrang hat. Diese Klarheit war für alle sehr bereichernd und meine Tätigkeit wurde dort sehr wertgeschätzt. Auch im Bereich der rechtlichen Betreuung habe ich Erfahrungen gesammelt. Nun bin ich komplett selbstständig im Bereich Supervision & Coaching. 

Was genau hat Sie bewogen, sich 2017 selbstständig zu machen?

In dem Bundesprojekt, in dem ich arbeitete, hatte ich viele Freiheiten. Das tat gut nach meiner Tätigkeit im Jugendamt, aber mir wurde schnell klar, dass ich keine gute Arbeitnehmerin mehr bin. Ich wollte mich fortbilden, ich wollte nicht ständig um Erlaubnis fragen. Ich wollte meine Ideen verwirklichen. Und Ideen hatte ich viele und Energie noch viel mehr. Also beendete ich das Projekt und machte mich 2017 ohne finanzielle Mittel, alleinerziehend, aber mit viel innerer Überzeugung, Mut und Tatendrang selbstständig. Ich war gut ausgebildet, motiviert, professionell und dank meiner Eltern, die beide als Künstler selbstständig waren, war ich auch auf vieles vorbereitet. Also meldete ich mich zur qualifizierten Weiterbildung als Supervisorin und Coach an der ASH Berlin an und begann meinen eigenen Weg zu gehen. Geld hatte ich keines, die Weiterbildung konnte ich eigentlich nicht bezahlen, aber ich hatte den festen Glauben und Willen, dass ich das schaffe. Und meine Kinder standen hinter mir. Meine Eltern auch. Ich musste mich nur noch trauen, mich auch der Welt zu zeigen. Das war sehr herausfordernd. 

Waren die Erfahrungen und die Kontakte, die Sie während Ihrer Berufstätigkeit gemacht bzw. knüpfen konnten bei diesem Prozess hilfreich? 

Die Erfahrungen waren in jedem Fall hilfreich. Die Kontakte interessanterweise eher weniger. Obwohl auch das nur bedingt stimmt. Ich habe ein riesiges Netzwerk. Das hilft mir immer wieder, wenn ich Tipps oder Empfehlungen brauche. Durch meine Jobs habe ich mir eine sehr gute Reputation aufgebaut. Von dieser profitiere ich natürlich immer noch, auch spornt es mich an, diese zu behalten. Alle meine Erfahrungen kommen meinen jetzigen Kund_innen zu Gute. In der Selbstständigkeit sind meine kaufmännischen Kenntnisse Gold wert. Denn natürlich heißt Selbstständigkeit auch viel Büro- und Papierkram und immer wieder Zahlen, Daten, Fakten. Konzeptarbeit habe ich von der Pike auf gelernt, das hilft immens dabei Angebote zu verfassen und neue Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen. Meine Fähigkeiten und Methoden als Sozialarbeiterin sind die perfekte Grundlage für meine Selbstständigkeit.

Welche Dienstleistungen bieten Sie als Selbstständige an? Wer sind Ihre Kund_innen? 

Ich biete Supervision & Coaching an. Mittlerweile habe ich 12 freie Mitarbeiter_innen. Unter dem Motto “Alles für Sie und Ihr Team” bieten wir Teamsupervisionen, Leitungscoaching, Teamtage, Teamevents, Moderationen, Mediationen, Fortbildungen und Konzeptentwicklungen an. Ich persönlich übernehme nur noch selten Teamsupervisionen, dafür habe ich wundervolle, professionelle und engagierte freie Mitarbeiter_innen. Ich habe mich auf das Leitungscoaching fokussiert. Ich liebe dieses Feld. Aus dem Grund habe ich mich auch in der systemischen Aufstellungsarbeit, als Hypnosecoach, im EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) uvm. zusätzlich ausbilden lassen. Spezialisiert sind wir auf den Sozial- und Gesundheitssektor. Unser Angebot an Teamtagen und Teamevents wird jedoch auch immer mal aus dem Wirtschaftsbereich gebucht. Ich liebe meine Arbeit. Es ist wundervoll zu sehen, wie sich Menschen entwickeln, wie sie anfangen zu strahlen und wie kleine Dinge eine wunderbare große Wirkung haben können. 

Warum haben Sie sich entschieden, trotzt stabilen beruflichen Erfolges, erneut ein Masterstudium an der FH Potsdam aufzunehmen? Was studieren Sie da? 

Ich wollte schon nach dem Bachelorstudium meinen Master machen. Leider fehlten mir zu der Zeit die finanziellen Mittel, Zeit und vor allem die Unterstützung durch den Arbeitgeber. Als ich mich dann selbstständig machte, habe ich erst einmal meinen Abschluss als Supervisorin und Coach an der ASH Berlin gemacht. Das kostete viel Geld, das ich zuerst erwirtschaften musste. Zum Glück war die ASH Berlin sehr flexibel bei den Rückzahlungen. Danach galt es, mein Business aufzubauen und ich habe mir verschiedene Weiterbildungen gegönnt. Sozialmanagement als Studienfach stand immer sehr weit oben auf meiner Studienwunschliste. Ich hatte bereits sehr gute Erfahrungen im Rahmen einer Weiterbildung an der FH Potsdam gemacht. Deshalb studiere ich dort berufsbegleitend den Master Sozialmanagement. Damit erfülle ich mir einen Traum. Beruflich ist der Master auch ein Pluspunkt, denn gerade bei der Nachfrage für Leitungscoaching spielen Abschlüsse eine Rolle. Sie sind gut für das Image. 

Was würden Sie unseren Studierenden für eine erfolgreiche Berufslaufbahn raten?

Ich würde Studierenden raten, so viele Praktika wie möglich zu absolvieren, auch freiwillige. Es gibt so viele Bereiche, die super spannend sind. Ein Praktikum ist die ideale Möglichkeit, da reinzuschauen und manchmal verliebt man sich in Bereiche, die man vorher ausgeschlossen hätte. Auch würde ich immer den Perspektivwechsel empfehlen.

Studierende sollten offen sein für Zahlen und für die kaufmännischen Aspekte der Sozialen Arbeit. Ich finde es auch wichtig Weiterbildungen zu machen. Es gibt so viele tolle Ansätze, Methoden und Denkweisen. Diese Welt ist so bunt und schön. Die Soziale Arbeit verleitet dazu, defizitorientiert zu denken. Diese Defizitorientierung sollte kritisch hinterfragt werden. In jedem Fall würde ich raten: nehmt das Studium ernst, nehmt alles mit, engagiert euch und seid auch bereit, eure eigenen Sichtweisen zu überdenken. Habt keine Angst: seid mutig! Diese Welt wartet auf Euch.

Die Fragen stellte Kerstin Miersch.