GESUNDHEIT-BERUFE-TAG Gruppenarbeit in Hotelsuites

Unter dem Motto „Eure Meinung – unsere Zukunft. Wir gestalten Gesundheitsberufe“ lud die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat Auszubildende und Studierende zum Gesundheit-Berufe-Tag ein.

Eine junge Frau im Wintermantel stützt sich mit einer Hand auf einen knallpinken Hoteltresen, wo ihr eine andere junge Frau hinter einem Apple-Computer offenbar Auskunft gibt. Im Hintergrund die Hotellobby, wo gerade viele Leute ankommen.
Ankunft in der Hotellobby. Foto: Berlin Partner | Photothek.de

Am Freitag, den 16.11.2018, richtete die Berliner Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Dilek Kolat, für alle Auszubildenden und Studierenden zum ersten Mal einen Gesundheit-Berufe-Tag aus. So fanden circa 200 Teilnehmer_innen unter dem Motto „Eure Meinung – unsere Zukunft. Wir gestalten Gesundheitsberufe“ im Musik- und Lifestylehotel nhow an der Oberbaumbrücke zusammen. Ziel war es, Azubis und Studis aktiv in die Verbesserung der Ausbildungs- und Studiensituation in Berlin einzubeziehen. Die zentrale Botschaft der Veranstaltung lautete: „Ihr seid die kreativen Köpfe und könnt Eure Impulse in die Gesundheitspolitik und -wirtschaft einbringen, um ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem zu schaffen. Gemeinsam entwerfen wir neue Ideen. Das Event lebt von Eurem Engagement: Bestimmt die Themen, Fragestellungen und entwickelt die Lösungen.“

Die ASH Berlin war mit den beiden Mentor_innen Prof. Dr. Elke Kraus und Prof. Dr. Uwe Bettig und auch einigen Studierenden vertreten. Daneben waren Vertreter_innen der Charité gekommen, ebenso der Wannseeschulen und aller Hochschulen und Ausbildungsstätten für Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, außerdem Medizinisch-technische Assistent_innen und Diätolog_innen.

Der Tag begann in der sogenannten Music Hall, wo der Programmablauf vorgestellt wurde und sich Gruppen mit Mentor_innen bildeten. Um das Ziel des Tages umzusetzen, bezogen sie die „Rockstar-Suites“ des Hotels und diskutierten dort Ideen und Vorstellungen. Gemäß den vorab schon verschriftlichen Herausforderungen beratschlagten die Gruppen zu den folgenden Schwerpunkten:  1) Bessere Ausbildungsbedingungen, 2) Aufstiegschancen und Verantwortung, 3) Versorgung von Patient_innen, 4) Rahmenbedingungen der Pflegeberufe und 5) interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Am Ende des Tages präsentierten Azubis und Studis ihre Vorschläge, welche Themen in den Gesundheitsfachberufen umgesetzt werden sollten. Senatorin Kolat und Expert_innen aus der Gesundheitswirtschaft hörten sich die Themen und Vorschläge an. Kolat versprach, sie gemeinsam mit Ausbildungsstätten und Hochschulen im Land Berlin in den Gesundheitsfachberufen und Studiengängen zu verwirklichen.

Im Anschluss sprachen Elke Kraus und Uwe Bettig mit der Senatorin über Finanzierungsmodelle der Gesundheitsstudiengänge und es wurde ein weiteres Treffen zu diesem Thema anvisiert. Für den Februar haben Elke Kraus und ASH-Rektorin Bettina Völter außerdem einen Termin mit dem Senat für Gesundheit in Bezug auf die Modellklausel vereinbart.

Was hielten unsere Studierenden und wir als Mentor_innen von der Initiative zum Gesundheit-Berufe-Tag?

ASH-Student, PT/ET Studiengang, 3. Semester Physiotherapie:

 

Es war eine schöne Gelegenheit, mit anderen Leuten aus dem Gesundheitsfeld zusammenzukommen und zu hören, was ihre Schwierigkeiten während des Studiums oder der Ausbildung sind. Im Bezug zur Physiotherapie hatte ich das Gefühl, dass wir nur einen winzigen Anteil am Gesundheitssystem ausmachen. Natürlich ist es schwer, seine Meinung zu äußern, wenn man nur ein Teil der Minderheit ist und die große Mehrheit aus dem Bereich der Pflege kommt.

 

Physios vertreten außerdem noch keine gemeinsame Meinung. Da ist es kein Wunder, das alles Politische so langsam vorangeht. Ich habe mit zwei Auszubildenden über die „Akademisierung“ diskutiert und beide waren der vollen Überzeugung, dass die Akademisierung überhaupt keinen Sinn macht.

 

Insgesamt fand ich die Erfahrung ganz beeindruckend, aber gleichzeitig auch etwas frustrierend. Ich finde es richtig und wichtig, solch interdisziplinäre Gespräche anzubieten. Ich finde es aber auch wichtig, dass fertige Physios mit einer Praxis- und „real world“-Erfahrung eine Chance erhalten, bei solchen Veranstaltungen ihre Meinung zu äußern, da Studenten aufgrund der fehlenden Erfahrung nicht wissen und nicht wissen können, was in diesem Gesundheitssystem gut funktioniert und in welchen Bereichen es Neuerungsbedarf gibt.

 

ASH-Studentin, PT/ET Studiengang, 3. Semester Physiotherapie:

 

Ich finde die Idee zunächst einmal sehr wertvoll, Studierende und Azubis Themen interdisziplinär besprechen zu lassen, während die Politiker zuhören. Für mich waren die Veranstaltung bzw. die Gruppendiskussionen relativ „pflegelastig“ gestaltet und die Therapeutenberufe waren in den einzelnen Gruppen nur sehr spärlich vertreten. Diskussionen und Gespräche zwischen jungen Menschen aus verschiedenen Disziplinen sollten auf jeden Fall gestärkt werden, wozu die Veranstaltung interTut im Lernzentrum der Charité anregt, und durch den Gesundheit-Berufe-Tag bin ich jetzt noch motivierter, regelmäßig den Austausch zu suchen.  

 

Elke Kraus, Professorin für Ergotherapie:

 

Ich habe diese Initiative sehr begrüßt und mich unter anderem eingebracht, um auch das Thema Akademisierung voranzubringen. Erstaunlicherweise ist dieses Wort in dem großen Plenum so gut wie nicht gefallen, wurde aber in mehreren Kleingruppen heftig diskutiert. Vielleicht wollte man mit diesem kontroversen Thema nicht die konstruktive und generell positive Atmosphäre beeinträchtigen. Auf alle Fälle war es der zweitgrößte Punkt der zukünftigen Lösungsansätze (siehe Abbildung) – das fand ich beruhigend. Man sollte natürlich auch zwischen der Pflege und den Therapieberufen differenzieren. Die Therapieberufe brauchen und fordern eine Regelakademisierung, was für die Pflege weder wünschenswert noch machbar wäre.

 

Uwe Bettig, Professor für Management und Betriebswirtschaft:

 

Ich habe mich hier gern eingebracht, weil die Rahmenbedingungen in den Gesundheitsfachberufen dringend verbessert werden müssen, um die Attraktivität der Ausbildung und der Berufe zu erhöhen. Nur so lässt sich der Fachkräftemangel zumindest abmildern. Die Idee, den Nachwuchs dieser Berufe Ideen entwickeln zu lassen, hat mich gereizt. Die erarbeiteten Ergebnisse und Lösungsvorschläge sind nachvollziehbar, sinnvoll und auch umsetzbar. Nennen möchte ich an dieser Stelle nur den Vorschlag, bereits in den Ausbildungen stärker interdisziplinär zusammenzuarbeiten. Nun warten wir gespannt ab, wie die Ergebnisse Eingang in politische Entscheidungen finden werden.