Seitenwechsel Entwicklungsmöglichkeiten in der Physiotherapie

Interview mit Alumna Josephine Löffler

Was haben Sie vor Ihrem Studium gemacht?

Ich komme ursprünglich aus dem Norden und bin in Kiel mit meinen vier Geschwistern aufgewachsen. Durch meinen Sport (hauptsächlich Handball und Turnen) war ich schon früh an Bewegung interessiert und habe mich nach einem Praktikum in einer Physiotherapiepraxis für diesen Beruf interessiert. Nach meinem Abitur bin ich 2013 nach Berlin gezogen, wo ich schnell die tollen verschiedenen Kulturen, das Essen und den Trubel kennengelernt habe und mich inzwischen auch sehr wohl fühle.


An der ASH Berlin haben Sie ab 2013 Physiotherapie studiert. Was macht das Studium für Sie besonders?

Der Standort Berlin war für mich schon besonders, da ich eher in einer behüteten Kleinstadt aufgewachsen bin und die Großstadt Berlin für mich eine ganz neue Welt war. So viele schöne, bunte, dreckige, laute und unterschiedliche Orte, die ich kennenlernen konnte. Das war am Anfang etwas überfordernd. Aber durch die kleine Studiengruppe von ca. 20 Leuten (mit den Ergotherapeut_innen 40) habe ich schnell neue Freunde gefunden und wir konnten so alles gemeinsam entdecken. Besonders war für mich auch die Mischung zwischen dem Hochschulalltag an der ASH Berlin mit dem theoretischen, kritisch hinterfragenden Unterricht, in dem man sich sehr viel selbst erarbeiten musste und dem Alltag an der Wannseeschule, der eher schulisch geprägt war und viele praktische Fähigkeiten schulte (z. B. Untersuchungstechniken der einzelnen Gelenke, Kräftigungsübungen, Übungen im Bewegungsbad, Gang- und Statik-Analysen). Aber genau diese Abwechslung hat das Studium so interessant und vielseitig gemacht.


An welches Erlebnis an der ASH Berlin erinnern Sie sich noch besonders gut?

Da gibt es viele Erlebnisse: Der erste Tag, an dem ich so viele tolle neue Menschen kennenlernen durfte und ich am Schluss merkte, dass alle Ergotherapie studieren werden und ich keine Physiotherapeutin kennenlernt hatte (was mir aber im Nachhinein eine wunderbare Anatomielerngruppe ermöglicht hat); meine letzte mündliche Staatsexamensprüfung in Anatomie und Krankheitslehre und die Notenvergabe fürs Staatsexamen, bei der ich so aufgeregt war, und das Anstoßen mit Sekt danach vor dem Gebäude mit allen aus meinem Semester; der Gang ins Einkaufszentrum neben der ASH Berlin, wenn wir Freistunden hatten oder ein Ausflug auf den Jahrmarkt gegenüber, um gebrannte Mandeln zu kaufen.


Welche neuen Perspektiven hat Ihnen der anschließende Master Health Professions Education an der Charité eröffnet?

Der Master hat mir vor allem noch einmal die Lust an der Forschung deutlich gemacht und meine Kompetenzen dahingehend verbessert. Durch die Interdisziplinarität des Studiengangs habe ich andere Berufsgruppen viel besser kennengelernt und verstehe sie auch besser. Ihre Berufsidentität, ihre Ausbildungswege und Probleme. Der größte Schwerpunkt des Masters war aber die Pädagogik. Durch den theoretischen Unterricht, aber auch Praktika an physiotherapeutischen Berufsschulen, habe ich viel über die Ausbildungswege, Andragogik, Didaktik, Motivation und vieles mehr gelernt, sodass ich in der Lage bin, Unterricht zu gestalten.


Wie sah Ihre berufliche Laufbahn nach dem Studium aus?

Zwischen dem Bachelor und Master arbeitete ich bei einer Zeitarbeitsfirma als Physiotherapeutin und war hauptsächlich an der Charité Benjamin Franklin in der geriatrischen Frühreha, aber auch auf Akutstationen eingesetzt. Nach meinem Master habe ich kurz wieder dort gearbeitet und dann, nach einer Zugreise durch Spanien und Marokko, eine feste Stelle in einer großen neurologischen Rehaklinik (Median Klinik Kladow) bekommen, in der ich auch Auszubildende der Physiotherapie anleite. Die Klinik hat elf Stationen mit unterschiedlich stark betroffenen Patient_innen und vielfältigen neurologischen Erkrankungen. Seit Anfang des Jahres bin ich stellvertretende Leiterin der Physiotherapie. Nebenbei unterrichte ich seit 2019 einige Tage im Jahr an der Wannseeschule.

 

„Die kritisch hinterfragende und reflektierte Denkweise, die an der Hochschule vorgelebt wird, ist in meiner Tätigkeit von großer Bedeutung."


Können Sie einen typischen Arbeitsalltag von Ihnen beschreiben?

Mein Arbeitstag beginnt um 7:30 Uhr. Wir bekommen täglich einen Plan für unsere Therapieeinheiten, den ich zunächst am Morgen durchgehe und mich vorbereite. Dort sehe ich, welche Einzelbehandlungen (immer 30 Min., manchmal auch 60 Min.) ich habe und welche Gruppentherapien ich mache. Dazu gehören z. B. Ganggruppen und Gleichgewichtsgruppen, Elektrostimulation für paretische Extremitäten, Therapie im Bewegungsbad, auf dem Laufband oder in unserem Lokosolutions-Raum (mit Gangroboter und computergestützten Gleichgewichtsspielen). Ich überlege mir, welche Therapieziele ich für den Tag mit meinen Patient_innen verfolge und welche Übungen ich mit ihnen machen möchte. Einmal in der Woche finden interdisziplinäre Teamsitzungen statt, für die ich dann eventuell noch Einträge im System mache und über Fortschritte und Probleme schreiben kann. Bei neuen Patient_innen habe ich immer eine Stunde Zeit, um Untersuchungen und Assessments durchzuführen und sie im Computer zu verschriftlichen und die passenden Gruppen bei der Therapieplanung anzumelden. Auch die Hilfsmittelversorgung wird in unserer Klinik von uns Therapeut_innen gemacht und die Ärzt_innen kontrollieren alles. Jeden Montag findet eine interne Fortbildung statt, die ich als stellvertretende Leiterin organisiere (zur Zeit aus unserem interdiziplinären Team, sonst auch mit Referenten von außerhalb). Seit Anfang des Jahres bin ich nun auch bei einigen organisatorischen Abläufen wie der Urlaubsplanung, Überstundenabrechnung, bei Bestellungen und vielem mehr involviert. Ich bin für meine Kolleg_innen immer als Ansprechpartnerin da und versuche, sie bei allem zu unterstützen.


Was hilft Ihnen aus dem Studium bei Ihrer aktuellen Tätigkeit?

Das Studium hilft mir sehr. Insbesondere bei den internen Fortbildungen recherchiere ich immer wieder Themen, die für das Team interessant sind und stelle sie dann vor. Dabei hilft mir z. B. das Wissen aus den Modulen zum wissenschaftlichen Arbeiten über die verschiedenen Datenbanken und wie man Studien liest etc. Die Inhalte aus dem Master helfen mir bei meiner Honorardozententätigkeit und bei der Betreuung der Auszubildenden in der Klinik. Die kritisch hinterfragende und reflektierte Denkweise, die an der Hochschule vorgelebt wird, ist in meiner Tätigkeit ebenfalls von großer Bedeutung.


Welchen Tipp geben Sie Studierenden der ASH Berlin mit auf den Weg?

Berlin und die ASH Berlin sind tolle Orte, um zu studieren. Lasst euch inspirieren und geht euren Interessen nach. Das Lebenslange Lernen wird euch immer und insbesondere in der sich schnell ändernden Welt der Physiotherapie begleiten. Seid gespannt, auf das was kommt! Es gibt viele Entwicklungsmöglichkeiten in der Physiotherapie und ihr könnt ein Teil davon sein.