alice Online: Seid wann kennt ihr euch jetzt genau?
Nicole: Wir haben 2009 den ICM-Master angefangen, uns dort angefreundet und dann auch zusammen gewohnt! Ich kam direkt aus den USA, Nadia aus Köln und Naomi aus England.
alice Online: Was genau ist The Changer / tbd*?
Nadia: Eine Karriereplattform, wo man Jobs im sozialen Sektor findet. Zum Beispiel bei Stiftungen, NGOs oder bei Sozialunternehmen und sozialen Unternehmen. Es ist unsere Vision, Leute dazu zu inspirieren, etwas Eigenes zu gründen oder selbst im Ehrenamt aktiv zu werden. Dazu zeigen wir in Artikeln und Interviews Ressourcen auf, wie man das macht: Wie gründe ich ein Sozialunternehmen, was brauche ich um einen Verein zu gründen etc. Bei uns kann man sich informieren, motivieren, aktivieren und inspirieren lassen!
Nicole: Unsere Seite ist sehr stark community-basiert. Das unterscheidet uns von anderen Jobbörsen. Die Artikel schreiben wir meist nicht selbst, sondern jeder kann mit seinem Wissen Teil oder Experte für The Changer sein. Wir organisieren auch einmal im Monat Offline-Hangouts zum gegenseitigen Austausch. Und es gibt The Changer Academy, wo Leute aus der Community Workshops für die Community geben. The Changer bringt Leute zusammen, die die Welt verändern wollen!
alice Online: Wie kam die Idee zu The Changer / tbd*?
Nadia: Nach dem Master hatten alle die Idee, bei NGOs arbeiten und gleichzeitig gerne in Berlin bleiben zu wollen. Wir haben nach solchen Jobs gesucht, aber nichts gefunden, weil es keinen Ort gab, wo man sie hätte finden können. Die meisten aus dem Master sind zurück in ihre alten Jobs gegangen und die, die in Berlin geblieben sind, sind eigentlich alle zu Start-ups gegangen, haben etwas völlig anderes gemacht. Der Ursprung der Idee war also, dass wir unser eigenes Problem lösen wollten.
Nicole: Für mich war es schwer in einer neuen Stadt, wo man die Szene nicht kennt und kein Netzwerk hat, seinen Weg in seinem Sektor zu finden. Man sieht die großen Firmen, wie Transparency International oder Oxfam, da ist es aber unglaublich schwer reinzukommen.
alice Online: Und dann habt ihr euch gedacht, ihr könntet eine Stellenbörse für solche Jobs machen?
Nadia: Wir haben nach dem Master erst mal zwei Jahre in Start-ups gearbeitet, da hat es sich förmlich angeboten, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Außerdem werde ich nie vergessen, was ein ehemaliger Professor der ASH Berlin, Oliver Wolleh, zu mir gesagt hat, bei dem ich mich nach dem Studium beworben hatte. Er konnte mir leider keinen Job anbieten, aber meinte, in der heutigen Zeit kreiert man sich ja seine Stellen selbst. Und das haben wir dann gemacht und The Changer gegründet. Heute finanzieren wir uns über die Stellenangebote, für die Unternehmen Geld bezahlen.
Nicole: Wir fanden es auch schade, dass es im sozialen Sektor in der Start-up-Szene an der Vernetzung fehlt. Es gibt so viele innovative Ideen in dem Bereich, aber keiner redet darüber. Wir wollten dann so etwas wie „Gründerszene“ oder „TechCrunch“ für den sozialen Bereich schaffen.
alice Online: Was passierte nach der Idee?
Nicole: Wir haben glücklicherweise ein Gründerstipendium an der Beuth Hochschule bekommen und konnten so die Idee umsetzen. Im April 2014 sind wir online gegangen, haben uns zunächst auf Berlin konzentriert und mittlerweile sind wir deutschlandweit aktiv.
„Es geht darum, die Welt zu verbessern."
alice Online: Was für Leute besuchen eure Seite?
Nadia: Sie sind zwischen 25 und 40, haben schon Berufserfahrungen gemacht und sind hälftig aus dem sozialen Sektor und dem nicht-sozialen Sektor. Wir schätzen sie als sehr weltoffen, urban und viel gereist ein. Es geht ihnen nicht darum, nur einer Person oder einer Familie zu helfen, sondern um das Globale, also wirklich die Welt zu verbessern. Im Grunde sind unsere Nutzerinnen und Nutzer uns sehr ähnlich: Generalisten, die etwas Gutes tun wollen, egal ob im sozialen oder grünen Bereich. Sie wollen morgens mit einem guten Gefühl aufstehen und auch Freude bei der Arbeit haben
Nicole: Viele wollen in den sozialen Bereich wechseln. Bei unseren Hangouts sind oft ganz viele Berater, so „McKinseys“, Ex-Banker oder Architekten, die etwas Sinnvolles tun möchten, hinter dem sie stehen können.
alice Online: Schaffen solche Leute dann den Berufswechsel in eine andere Branche?
Nadia: Ja! Im sozialen Sektor ist es sogar gefragt, wenn man aus einem anderen Bereich kommt. Große NGOs wie Amnesty International und Oxfam haben genügend Geisteswissenschaftler und Sozialwissenschaftler, die sich bewerben. Für Einsteigerpositionen reicht das, aber für höhere Positionen muss man eigentlich fast Quereinsteiger sein. Die Top-Leute bei großen Organisationen sind sehr oft aus dem Medien- oder Kommunikationsbereich gewechselt oder es sind Juristen und BWLer.
alice Online: Welche Firmen stellen Jobangebote bei euch rein?
Nadia: Die meisten sind NGOs oder Stiftungen, aber auch kleine und große Firmen. Oxfam ist einer unserer größten Kunden; Transparency, Amnesty International und change.org sind dabei, aber auch Wohlfahrtsverbände wie Malteser, ASB oder Caritas. Zum Beispiel ist auch die BMW Stiftung sehr interessant, weil die Social Entrepreneurship und Social Innovation stark im Fokus hat.
alice Online: Wie erfolgreich seid ihr mittlerweile?
Nicole: Dieser Januar war unser bester Monat mit bisher 55.000 einzelnen Nutzern mit fast 300.000 Seitenaufrufen. Wir haben viel in die SEO-Optimierung reingesteckt, Pressearbeit gemacht und hatten Artikel in der Gründerszene und Vivo Green.
Nadia: Special Content trägt auch zu unserem Erfolg bei und zieht Leute auf unsere Webseite. Wir haben zum Beispiel eine Übersicht über „Social Entrepreneurs to watch 2016“ erstellt und eine Gehälterumfrage bei unseren Nutzern mit 628 Teilnehmern gemacht. Leider war das Ergebnis wie erwartet: Sie verdienen noch zu wenig.
„Wir wollen New York und London erobern."
alice Online: Habt ihr Zukunftspläne?
Nadia: Ja, da kommt noch einiges! Dieses Jahr wollen wir New York und London erobern. Weil Nicole Amerikanerin ist und Naomi Engländerin, haben wir da schon Netzwerke.
alice Online: Was ist euer Fazit nach zwei Jahren im Unternehmertum?
Nadia: Wir sind gerade ziemlich am Anschlag. Die zwei Jahre Gründertum vergleiche ich immer mit sieben Jahren Beziehung. Da muss man auch mal einen Schritt zurückgehen und sich überlegen, warum man das eigentlich gemacht hat. Für uns drei Freundinnen war es immer wichtig, auch Spaß zu haben. Das Unternehmen ist wie ein Baby, was anfängt zu laufen und man selbst denkt sich: Shit ey, ich will auch mal wieder ein eigenes Leben haben. Aber das schaffen wir schon! Dafür ist es echt gut, dass wir beste Freundinnen sind. Und wenn wir dann von Nutzern der Seite hören, dass sie ihren Traumjob gefunden haben oder von Unternehmen, die einfach mehr Leute eingestellt haben, weil sie soviel gute Bewerber von uns bekommen haben, dann wissen wir wieder, wofür wir das alles machen.
alice Online: Welche Erinnerung habt ihr an den Master an der ASH Berlin?
Nadia: Wir waren eine super Gruppe, sehr international. Und ein Professor hat mir geholfen, ein Praktikum bei der UN zu machen. Zu Hellersdorf muss man nichts sagen, das finden glaube ich alle nicht so toll. Ich weiß noch, der erste Tag von ICM wurde abgesagt, weil direkt vor der Hochschule eine Nazidemo am 1. Mai stattfinden sollte.
Nicole: Weil die Truppe so international war, hat jeder ein unterschiedliches Weltbild mitgebracht, dadurch waren die Gespräche im Klassenzimmer super interessant!