Neuer Gastprofessor Nils Altner

Forscht zur Umgestaltung von Ressourcen verbrauchenden Arbeits- und Leitungskulturen in SAGE-Organisationen zu solchen, die regenerativ wirken

Sie haben im Sommersemester an der ASH Berlin Ihre Gast-Professur mit dem Schwerpunkt achtsame professionelle Selbstfürsorge“ begonnen. Was kann man sich darunter vorstellen?

Ja! Ich freue mich sehr über die Einladung, dieses Thema an der ASH Berlin vertreten zu dürfen. Damit betritt die Hochschule Neuland. Zwar unterrichten international zunehmend viele Professor_innen achtsamkeitsbezogene Themen, aber den expliziten Schwerpunkt "Selbstfürsorge" setzt die ASH Berlin meines Wissens weltweit als erste. Was klingt denn bei Ihnen an, wenn Sie "achtsame professionelle Selbstfürsorge" einmal in Ihrem Inneren klingen lassen und den Resonanzen Aufmerksamkeit schenken?

Bei mir klingen an: bewusste Aufmerksamkeit auch für meine inneren Regungen, Offensein für das, was sich dort zeigen möchte, Geduld, Suchen, manchmal auch Ringen um Worte oder das Finden von nichtsprachlichem Ausdruck, freundliche Zuwendung, Wissen und Spüren, was es braucht, damit mein Körper-Geist-Seele-Organismus sich regenerieren kann, Dankbarsein für das Leben und Freude am fürsorglichen und transformativen Mitgestalten einer fürsorglichen und lebenswerten Welt. Große, schöne Themen, oder?

Was ist Achtsamkeit?

Für mich bezeichnet der Begriff eine Reihe von Qualitäten der Aufmerksamkeit: präsent, geistesgegenwärtig, sinnenbezogen, zugewandt, freundlich, offen und gerne humorvoll-skeptisch gegenüber Meinungen, Bewertungen, Zuschreibungen und Glaubenssätzen, meinen eigenen und denen der Anderen. Wir müssen nicht alles glauben, was wir denken und fühlen - sehr befreiend, oder?

Die sinnenbezogen-ästhetischen Qualitäten der Wahrnehmung und Wahrgebung sind im menschlichen Bewusstsein angelegt und gehören zu unserer Natur. Sie äußern sich in allen unseren emotionalen und schöpferischen Gestaltungsprozessen. Im herkömmlichen Bildungskanon werden sie jedoch m.E. zu wenig genutzt und entwickelt. Das können und sollten wir jetzt gemeinsam ändern!

Gerade nach der Pandemie sind viele Menschen im Hochschulkontext überlastet. Was muss und kann hier getan werden?

Vielleicht erst einmal seufzen! Die Schultern loslassen und mit einem langen Ausatem noch einmal seufzen, wenn Sie mögen. Dann gerne aufstehen, das Fenster öffnen, den Blick schweifen lassen und Ihrem Körper gestatten, sich so zu bewegen, wie es gerade gut tut. Geht das für Sie in die richtige Richtung? Dann lassen Sie uns damit weitermachen!

Was kann speziell für Studierende getan werden?

Zeit- und Spiel-Räume schaffen, Orte der lebendigen Stille und des sinnenbezogenen, vertrauensvollen mit sich selbst, mit Mitstudierenden und mit der Natur Seins ermöglichen, naturnahes, sozial und regenerativ erzeugtes, vollwertiges Essen und Trinken bezahlbar anbieten, Lehrangebote, die alltagstaugliches Wissen und Können zur Selbstfürsorge vermitteln und Begleitung bei der nachhaltigen Integration in den eigenen Alltag geben. Eine meiner Lehrveranstaltungen dazu war innerhalb von zwei Stunden nach der Freischaltung mit 40 Teilnehmenden ausgebucht. Wenn das (auch) mit den Inhalten zu tun hat, freue ich mich sehr und bin gespannt!

Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?

In den letzten 24 Jahren habe ich eine Klinik mit aufgebaut, wo chronisch erkrankte Menschen achtsame Selbstfürsorge erlernen können, wenn sie das wollen. Darunter waren und sind viele Menschen, die in den SAGE-Berufen arbeiten. Meine Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Umgestaltung von Ressourcen verbrauchenden Arbeits- und Leitungskulturen und Verhaltensweisen in SAGE-Organisationen zu solchen, die fürsorglich, nachhaltig, regenerativ und freudvoll wirken. Ganz im Sinne der Inner Development Goals möchte ich verstehen, wie die Themen, die im Außen Natur- und Klimaschutz fördern, auch nach innen, im Menschsein und in der Gestaltung der professionellen Beziehungen zwischen den Menschen wirksam und kultivierbar werden.

Was sind Ihre Pläne an der ASH Berlin?

Erst einmal bin ich sehr gespannt auf das Kennenlernen der Menschen hier, des Hauses, der Kultur, des Miteinanders, der Werte und der aktuellen Themen. Meine Pläne möchte ich sehr gern daran orientieren, was hier passen kann, den Menschen, ihren Werten und Zielen dient und sie und mich im rechten Maß aus der Komfortzone herausfordert, sodass Inspiration, Lernen und Ent-Wickeln freudvoll gedeihen können.

Vielen Dank für die Fragen und Ihre Aufmerksamkeit!

Link zur Website von Prof. Dr. Nils Altner