alice: Wie fühlst du dich kurz nach deiner Rückkehr?
Paula: Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich machen konnte. Die ASH Berlin hat mir neue Perspektiven auf meine zukünftige berufliche und persönliche Entwicklung eröffnet. Natürlich hatte ich erwartet, dass sich das deutsche Bildungssystem vom chilenischen unterscheidet, aber die ASH Berlin übertraf alle meine Erwartungen. Die Umgangsweise der Dozenten mit den Studierenden und dazu die fortwährende Unterstützung des Internationalen Büros reflektieren sich im angenehmen Klima, mit dem die ASH Berlin ihre Austauschstudenten empfängt.
alice: Warum hattest du dich für die ASH Berlin entschieden?
Paula: Seit ich die Anzeige an meiner Universität gesehen hatte, war ich interessiert. Deutschland war immer mein Traum, ein Problem war dagegen die Sprache. Ich habe aber eine Freundin in München, die mir geholfen hat. Außerdem hat mich meine Universität zur Bewerbung an der ASH Berlin ermutigt. Dass es eine Hochschule für Soziale Arbeit ist, ist ein seltenes Plus. Ich habe dort eine neue Welt kennengelernt, voller verschiedener Perspektiven, die mir geholfen haben, mir viele Fragen neu zu stellen, zum Beispiel wie ich arbeiten möchte und was für Veränderungen ich verwirklichen möchte.
alice: Wie hattest du dich auf den Aufenthalt in Deutschland vorbereitet?
Paula: Ein paar Monate vor der Reise begann ich, Englisch zu üben, weil das die Sprache war, mit der ich mich verständigen würde. Außerdem war Alice, meine Freundin in München, den (chilenischen) Sommer über hier und gab mir Tipps zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und zum Leben in Deutschland. Gleichzeitig war auch die Begleitung der Internationalen Büros sowohl der Universidad del Bío-Bío als auch der ASH Berlin bei jedem Schritt – vom Visum bis hin zu Unterbringung – eine sehr wichtige Unterstützung für mich.
alice: Was hast du gelernt? Welche Unterschiede gibt es zwischen den Studiensystemen in Chile und Deutschland?
Paula: An der ASH Berlin besuchte ich Seminare über Rassismus und Migration, Internationale Soziale Arbeit, Gender und Queer Studies, Music in Community und zwei Deutschkurse. Überall habe ich Dinge gelernt, die ich nie wieder vergessen werde, weil die Art des Unterrichts, der Erklärungen und Aufgabenstellungen sehr didaktisch war. Dadurch konnten wir die Zusammenhänge viel leichter verstehen. Außerdem möchte ich hervorheben, dass es trotz der verschiedenen Nationalitäten der Studierenden immer ein inklusiver Unterricht war mit dem Ziel, dass wir uns in jeden einzelnen von uns hineinversetzen konnten.
Der größte Unterschied zum chilenischen Studiensystem besteht darin, wie die Studierenden vom System gesehen werden. In Deutschland übernehmen die Studierenden Eigenverantwortung, sie engagieren sich für ihre Bildung, zeigen Lernwillen und nutzen die Chancen, die ihnen die Dozenten geben, sogar wenn es keine Noten gibt. In Chile dagegen funktioniert es mit mehr Zwang. Es gibt häufiger Bewertungen und bei den Studierenden sieht man nicht immer so viel Einsatz.
alice: War es wichtig für dich, mit deutschen Studierenden über die Massendemonstrationen chilenischer Schüler und Studierender in den letzten Jahren und über die Reformversuche im Bildungssystem deines Landes zu sprechen?
Paula: Eigentlich nicht, das Interesse meiner deutschen Kommilitonen an diesen Themen überraschte mich. Aber ich erklärte ihnen gerne die Gründe für die Demonstrationen und die Errungenschaften der letzten Jahre, die dadurch im Bildungssystem bewirkt wurden. Es waren angenehme Gespräche, und ich habe dadurch Anregungen bekommen, was für Veränderungen das Bildungswesen verbessern könnten.
alice: Was für einen Eindruck hattest du vom Alltagsleben in Berlin?
Paula: Am Anfang war ich vom Leben in Berlin wie erschlagen, es kam mir vor, als würde die Stadt niemals schlafen und wäre rund um die Uhr aktiv. Aber mit der Zeit gefiel mir alles, was Berlin zu bieten hat, immer mehr. Das breite kulturelle Spektrum und die unzähligen Entfaltungsmöglichkeiten haben meine Liebe zu Berlin entfacht.
alice: Gibt es ein Erlebnis, das du immer in Erinnerung behalten wirst?
Paula: Im Frühling machten wir eine Exkursion mit der Hochschule zur East Side Gallery. Um 14 Uhr sollten wir uns an der Warschauer Straße treffen. Weil noch nicht alle da waren, ging ich mit meinen Freundinnen in der Nähe einen Döner essen. Ungefähr eine Stunde später ging es uns richtig schlecht, offenbar hatten wir uns keinen guten Ort fürs Mittagessen ausgesucht. Wir konnten nicht weiter an der Tour teilnehmen, was schrecklich war, weil wir so gerne die East Side Gallery kennengelernt hätten. Von da an schauten wir immer genau hin, wie vertrauenswürdig der Ort wirkte, bevor wir einen Döner aßen.
alice: Was würdest du Studierenden raten, die an der ASH bzw. in Berlin studieren wollen?
Paula: Dass sie keine Angst vor dem Abenteuer zu haben brauchen, dass sie eine einzigartige Erfahrung machen werden. Berlin ist ein Ort mit viel interkulturellem Austausch, das eröffnet uns die Welt, die Sichtweisen anderer Kulturen. Ich bin sicher, dass sie an der ASH Berlin keine Probleme hätten, weil sich das professionnelle Personal ständig darüber Gedanken macht, was der Austausch für uns bedeutet. Außerdem ist die Umgebung dort so vielfältig, dass man laufend neue Kontakte und Freundschaften knüpfen kann. Ich verlasse Berlin ohne den geringsten Zweifel, dass es die richtige Entscheidung war, Soziale Arbeit an der Alice Salomon Hochschule Berlin zu studieren.
(Dieser Beitrag erschien in dieser Version erstmals in der alice 36 im Wintersemester 2018/19.)