Menschen, die mit der Diagnose einer chronischen Erkrankung konfrontiert werden, fallen oft erst einmal in ein Loch und sind sich bezüglich ihrer Zukunft und ihrer Entscheidungen sehr unsicher. Katja Bielig hat mittlerweile gelernt, mit den extremen Emotionen der Betroffenen, die sie in der Beratungsstelle der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) aufsuchen, umzugehen. Sie versucht, ihnen eine möglichst gute Unterstützung zu geben und ihnen Mut zu machen. „Die Fragen von MS-betroffenen Menschen sind sehr unterschiedlich“, sagt die junge Sozialarbeiterin. „Bei Neubetroffenen geht es beispielsweise um den Krankheitsverlauf, die Symptome und medizinische Therapien. Bereits länger Erkrankte haben eher sozialrechtliche Fragen zur finanziellen Unterstützung, zur Rente oder zum Behindertenrecht.“
Thema Multiple Sklerose
Katja Bielig war in diesem Arbeitsgebiet bereits tätig. Nach ihrem Abitur absolvierte sie ein einjähriges Praktikum in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Danach war sie sich zieml ich sicher, dass sie in die Behindertenarbeit einsteigen will. Weil sie keinenStudienplatz für Sonderpädagogik erhielt, entschied sie sich für das Studium der Sozialen Arbeit an der ASH Berlin. In eine bestimmte Richtung hat sich die ASH-Absolventin erst mit der Wahl des Schwerpunktseminars bewegt. „Mit der Klinischen Sozialarbeit konnte ich mich am Besten identif izieren.“ Als sie nach den letzten Seminaren damit begann, Bewerbungen zu schreiben, suchte zufällig der DMSG Landesverband Brandenburg eine neue Sozialarbeiterin. Katja Bielig bewarb sich sofort, da das Thema Multiple Sklerose bereits Thema ihrer Bachelorarbeit gewesen war.
Nach ihrer Einstellung übernahm sie die Koordination für das Projekt „Betroffene beraten Betroffene“, in dem an MS erkrankte Menschen zu ehrenamtlichen Berater/-innen ausgebildet werden. Daneben ist sie für die Beratung von MS-betroffenen Menschen und deren Angehörigen zuständig. Da die Geschäftsstelle in Brandenburg für das gesamte Bundesland zuständig ist, führt Katja Bielig die Beratungen zum großen Teil telefonisch durch. Da sie so nicht auf optische Eindrücke reagieren kann, sind an dieser Stelle Empathie und gute Gesprächsführung enorm wichtig. Viele Nachfragen, Spiegelungen und Zusammenfassungen helfen dort weiter, wo die Gefahr lauert, sich misszuverstehen. Immer wieder muss sich die Sozialarbeiterin auch eingestehen, dass sie nicht alle Fragen direkt beantworten kann. Da hilft dann nur ausführliche Recherche weiter.
Empathie und gute Gesprächsführung enorm wichtig
Für ihre jetzige Arbeit haben sich aus dem Studium vor allem die Theorien zur Gesprächsführung als nützlich erwiesen. Auch die an der ASH erprobten Rollenspiele geben ihr heute in einigen Arbeitssituationen mehr Sicherheit. Mit Enttäuschungen umgehen zu können und schwierigen Klienten und Klientinnen zu begegnen – auch das hat sie aus dem Studium mitgenommen. Dass sich der Umgang mit dem Sozialgesetzbuch in der Praxis als überaus nützlich erweisen würde, hätte Katja Bielig während der Studienzeit nicht vermutet. Um bei der Arbeit richtig reagieren zu können, braucht sie nun oft den Überblick über die Gesetze und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten.
Kleinere Seminargruppen und weniger Anonymität hätte sich die ehemalige Studentin der Sozialen Arbeit während des Studiums gewünscht und manchmal auch flexiblere Dozenten und Dozentinnen, die mehr auf die Wünsche und Anregungen der Studierenden eingehen. Im Nachhinein bereut sie es auch, während der Studienzeit außer den vorgeschriebenen Praktika keine weiteren praktischen Erfahrungen gesammelt zu haben. Sie empfiehlt allen Studierenden, sich darum zu bemühen. Gerade die Praxis lehre den persönlichen Umgang mit Menschen und die sich daraus immer wieder neu ergebenden Situationen. „Auch der Austausch mit praktizierenden Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen kann sehr hilfreich sein und einen guten Überblick über die Arbeitswelt nach der Hochschule verschaffen.“