Der Schwerpunkt umfasst die folgenden vier Artikel:
Heiko Gerlach und Markus Schupp: „Bewusstheitskontexte und Identitätskonstruktionen homosexueller Frauen und Männer im Setting der Altenpflege“. Sie zeigen an Ergebnissen ihrer qualitativen Studie, wie stark Wohlergehen und Anerkennung vorgefundener Bewusstheitskontexte und dahinter liegenden Identitätskonstruktionen homosexueller Pflegebedürftiger und Pflegender voneinander abhängen. Da die Bewusstheit über geschlechtliche Vielfalt sehr unterschiedlich ausgebildet ist und die Identitätskonstruktionen individuell – und nach Kontext – variieren, ist die zu untersuchende Lage entsprechend vielschichtig. Die Autoren beschreiben ihre systematische Analyse dieser komplexen Situation.
Philipp Kenel, Claudia Gather und Ralf Lottmann stellen eine unternehmerische Perspektive des „Diversity Management“ (DM) vor. Dieses Konzept misst eine erfolgreiche Beachtung sexueller Vielfalt nicht zuletzt am ökonomischen Umsatz. Die von ihnen ausgewerteten Interviews mit leitenden Pflegepersonen zeigen u.a., dass Dienstleistungsbetriebe keineswegs DM nach innen und außen voneinander trennen können. Vielmehr spiegelt sich ihr interner Umgang mit sexueller Vielfalt ziemlich direkt in den Reaktionen ihrer Kundschaft wider. Diese Nähe bestimmt das betriebliche DM, dem ein breites Wissen, klare Standards und ein bewusster Einsatz von Ressourcen nutzen.
Ralf Lottmann schenkt den Besonderheiten sozialer Netzwerke von LSBT*I-Senior*innen und deren Bedeutung für die Angehörigenarbeit in der Pflege Aufmerksamkeit. Seine Analyse macht deutlich, welchen Zumutungen pflegebedürftige Menschen ausgeliefert sind, die sich nach inneren und äußeren Kämpfen für eine offene Lebensweise in einer heterosexuell beherrschten Gesellschaft entschieden haben. Eine blühende Ignoranz möchte diese Kämpfer_innen der ersten Stunde im Alter wieder in Besenkammern stecken oder sie in einer asexuellen Atmosphäre unsichtbar machen. Im Alter bilden Freundschaften und das Netzwerk der Community Hilfe und Schutz.
Kathryn Almack und John Crossland stellen dar, welche Auswirkung „Heteronormativität“ auf LSBT*I-Menschen bis zum Lebensende hat. Sie präsentieren Ergebnisse der Studie „The Last Outing“ vor dem Hintergrund der im UK deutlich differenzierten Versorgung am Lebensende und bei Bedarf von Palliativpflege. In dieser Mixed-Methods-Studie mit landesweit 237 befragten und 60 interviewten (Unterstichprobe) Teilnehmenden zeigte sich, welche Reaktionen diese erfahren, wenn sie bspw. ihre Bezugspersonen vorstellen, ihren Körper zeigen, spezifische Versorgungen benötigen oder zwei Namen aus den unterschiedlichen Phasen ihres Lebens tragen.