Das Projekt fragt danach, welche Ein- und Ausschlussmechanismen mit der Erteilung, dem Entzug und der Verweigerung von Papieren in verschiedenen historischen Epochen einhergingen und aktuell einhergehen und welche Formen des Widerstands es im Laufe der Geschichte gegeben hat, um ohne Papiere oder mit prekärem Status zu (über)leben. Zusammen mit Forscher_innen aus verschiedenen diasporischen Communities perspektivieren wir unsere Recherchen postkolonial, postnazistisch und intersektional. Die Forschungsergebnisse werden in einer kollaborativen Ausstellung präsentiert.
Die Bedeutung von Papieren im Nationalsozialismus und Kolonialismus
Die Notwendigkeit einer historischen Perspektive ergibt sich unter anderem aus den weit zurückreichenden Bezugspunkten und Entwicklungsgeschichten einer großen Anzahl an Regulierungen und Gesetzgebungen. Wir interessieren uns sowohl für die Bedeutung von Papieren im Nationalsozialismus im Zusammenhang mit Antisemitismus und Rassismus gegen Sint*ezza und Rr*omnja sowie gegen Schwarze Deutsche, als auch für die Bedeutung von Papieren im Kolonialismus im Zusammenhang mit Rassismus gegen Schwarze in den von Deutschland besetzten Gebieten und im Kaiserreich selbst. Wir fragen danach, wie die Bedeutungen und auch die Praktiken im Kolonialismus, im Nationalsozialismus und in der aktuellen Situation zusammenhängen, welche Kontinuitäten und welche Brüche, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede zwischen verschiedenen Zeiten und in Bezug auf verschiedene rassifizierte Gruppen existier(t)en.
Mobile Ausstellung, Interventionen im öffentlichen Raum und Veranstaltungen in Community Räumen
Die Ergebnisse der Recherchen werden zunächst in Berlin ausgestellt und später als Wechselausstellung zur Verfügung gestellt. Das Ausstellen als solches ist, ebenso wie das Erforschen, im Kontext verschiedener Rassismen und von Antisemitismus eine problematische Praxis. Das Sammeln, Ordnen, Archivieren und Zurschaustellen ging und geht häufig noch mit nationalen Mythenbildungen, der Exotisierung und ständigen Re-/Produktion „des Anderen“ einher. Insofern suchen wir zusammen mit diasporischen Communities nach Möglichkeiten, den objektivierenden und ent-fremdenden Blick in der Ausstellung unserer Recherchen zu durchbrechen. Wir wollen versuchen, aus widerständigen Positionen heraus jene Themen und ihre Aufarbeitung in den Mittelpunkt zu stellen, die üblicherweise marginalisiert werden.
Als Vermittlungsformate sind eine mobile Ausstellung, Interventionen im öffentlichen Raum und Veranstaltungen in Community Räumen geplant. Nach Abschluss des Projekts geht die Ausstellung in den Besitz des RomaniPhen Archivs über, wo sie didaktisiert und verliehen wird.
Kurzinformation
Projekttitel: „Passkontrolle! Leben ohne Papiere in Geschichte und Gegenwart“
Projektlaufzeit: 1.4.2017 bis 31.3.2019
Projektleitung: Prof. Dr. Iman Attia (ASH Berlin), Prof. Dr. Susan Kamel (HTW Berlin)
Kooperationspartner:
Jüdisches Museum Berlin
Verband für interkulturelle Arbeit – VIA-Regionalverband Berlin/Brandenburg e.V.
RomaniPhen Archiv
FHXB-Museum
Fachliche Unterstützung: IniRromnja, Jugendliche ohne Grenzen, International Women’s Space
Förderer: IFAF Berlin
Kontakt: Prof. Dr. Iman Attia, Professorin im Arbeitsbereich, „Rassismus und Migration“, Raum 206, T +49 30 992 45 454, attia@ ash-berlin.eu