'Dürfen die das?' fragen Stella Rollig und Eva Sturm im Titel ihres Buchs „Kunst als sozialer Raum“ (Turia + Kant 2002). Immer mehr Künstler_innen sind in Feldern aktiv, die klassische Praxisfelder der Sozialen Arbeit darstellen. Community-orientierte oder öffentliche Kunstprojekte, Sozialkunst, Socially Engaged Arts und partizipatorische Kunstpraxis haben sich seit den 1990er-Jahren als beliebte wie umstrittene Tätigkeiten für Kunst- und Kulturschaffende etabliert. Künstlerisch-kulturelle Prozesse spielen aber auch zunehmend in der Sozialen Arbeit eine wichtige Rolle: Während die Soziale Kulturarbeit und Jugendkulturarbeit bereits eine lange Tradition haben, sind zu dieser Expertise mit dem Boom der Kulturellen Bildung seit den 2010er-Jahren auch neue Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten hinzugekommen.
An der ASH Berlin wurde für dieses Tätigkeitsfeld zwischen Kunst, Sozialer Kulturarbeit und Kulturvermittlung eine spartenoffene Weiterbildung für Kunst- und Kulturschaffende entwickelt und beforscht: Gemeinsam mit dem Verbundpartner Werkstatt für neue Technologien und Kultur (WeTeK) hat die ASH Berlin seit 2014 die Weiterbildung "ARTPAED. Kulturelle Bildung in Offenen Settings" entwickelt und in drei Durchgängen erprobt. Im September 2017 endet nun das begleitende ASH-Forschungsprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Elke Josties, dessen Ergebnisse u. a. in einer Abschlusspublikation „Kulturelle Jugendbildung in Offenen Settings“ (kopaed 2018) vorgestellt werden, aber auch bei der Konferenz „Kulturelle Jugendbildung“ im Juni 2017 an der ASH Berlin mit vielen Besucher_innen diskutiert wurden.
Im Ergebnis zeigt sich, dass sich im Schnittfeld von Kunst und Sozial- wie Kulturarbeit mittlerweile jenseits von Disziplinengrenzen, aber mit Input sowohl von Künstler_innen als auch von Sozialarbeiter_innen und Pädagog_innen ein Ansatz der „Offenen Settings“ entwickelt hat. Hier wird grundsätzlich zieloffen und unter freiwilliger Teilnahme sowie mit kollaborativ ausgehandelten Inhalten gearbeitet und statt Ergebnissen werden Prozesse in den Mittelpunkt gerückt.
Für Kunst- und Kulturschaffende birgt die Arbeit in Offenen Settings der Kulturellen Jugendbildung allerdings spezifische Potenziale wie auch Herausforderungen: Einerseits kommt die grundsätzliche Zieloffenheit der Offenen Settings den Künstler_innen mit ihren stark selbstbestimmten, von institutionellen Normen sich unabhängig machenden Arbeitsweisen sehr entgegen. Andererseits sind Künstler_innen hier immer nur temporär beschäftigt – die Projektarbeit stellt sie in ökonomisch-zeitliche Zwänge, die ein Arbeiten entlang von Prinzipien wie Partizipation und Selbstbestimmung erschwert. Auch wird ein hohes Maß an Flexibilität und Offenheit von ihnen gefordert, während die Honorierung der Tätigkeiten gering ausfällt.
Trotzdem gibt es ein starkes Interesse an diesem Tätigkeitsfeld: Für die Weiterbildung haben sich in der Pilotphase insgesamt 286 Künstler_innen beworben, von denen in drei Durchläufen 46 qualifiziert werden konnten.
Seit März 2018 wird die Weiterbildung als Tandemausbildung von Sozialpädagog_innen und Künstler_innen vom Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg in Kooperation mit WeTeK und der ASH Berlin angeboten.