Migration ist nicht nur ein aktuelles politisches Thema unserer Zeit, sondern wirkt auch durch die Generationsverläufe speziell auf Rollenbilder von Frauen. Der Film „Keine Zeit für Heimweh“ erzählt von einer sehr persönlichen Auseinandersetzung von Töchtern mit ihren Müttern, die türkisch-deutsche und deutsch-deutsche Migration erfahren haben.
Da gibt es Gülsüm Erkan, geb. Öztürk. Sie ist 64 Jahre alt. Sie trägt ein Kopftuch und einen langen, weiten Mantel, wenn sie das Haus verlässt. Viele ihrer Kleidungsstücke hat sie sich selbst geschneidert, lesen kann sie nicht. Die Deutschen erlebt sie als feindselig und nicht vertrauenswürdig. Beim gemeinsamen Essen erzählt sie bewegend ihrer Tochter und deren deutscher Freundin aus ihrem Leben.
Und dort gibt es Christa Kaiser geb. Zimmermann. Sie ist 75 Jahre alt. Sie kleidet sich gerne mit bunten Blusen und weiten Röcken im Trachtenstil. Ihre schwarz-grauen Haare trägt sie streng nach hinten zu einem Knoten gebunden. Trotz ihrer Schwerhörigkeit geht sie ins Gespräch und berichtet ihrer Tochter und deren deutsch-türkischer Freundin anhand von Fotos aus ihrem Leben.
Die beiden Frauen konnten aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht dort bleiben, wo sie aufwuchsen. In der Fremde mussten sie im Alter von 13/14 Jahren hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten.
Sie kennen sich nicht und werden sich vermutlich auch nicht kennen lernen. Während die eine in einer kleinen Wohnung in Berlin Neukölln ihre Zeit verbringt und sich ebenfalls viel in der Türkei aufhält, lebt die andere am Rande eines kleinen hessischen Dorfes. Es scheint, dass sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch in der filmischen Erforschung zeigen sich verblüffende Gemeinsamkeiten. In der ungewöhnlichen Konstellation von jeweils Tochter und Mutter sowie Freundin bleibt eine gewisse Reibung nicht aus, doch die Dynamik birgt auch komische Momente. Es entsteht eine Annäherung an Migrationsgeschichte, die unsere Gesellschaft genau in dieser Parallelität ausmacht. Und davon erzählt der Kurzfilm.
(Kaiser, 2018, deutsch-türkisch, englische UT., 17 Min.)
Zu sehen: https://vimeo.com/361779721