Das Kooperationsprojekt PIIQUE - Pro Inkludierende Interaktion – Qualität crossmedial entwickeln der Alice Salomon Hochschule Berlin und Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin möchte durch die Forschung im Bereich Inklusion und digitale Bildung einen Beitrag zur Professionalisierung der Frühpädagogik leisten. Das von IFAF Berlin - geförderte Projekt untersucht, wie hier zukünftig in der Aus- und Weiterbildungslandschaft nutzungsfreundliche und zielgruppenspezifische digitale Lernmedien aussehen können.
Der Projektstart zu Beginn des Sommersemesters 2020 unter den Bedingungen der Corona-Pandemie war zwar eine organisatorische Herausforderung, zugleich aber auch eine motivierende Bestätigung, dass mit dem Forschungsthema eine im Feld der frühpädagogischen Aus- und Weiterbildung hoch bedeutsame Thematik mit dringendem Forschungsbedarf gewählt wurde. An dieser Stelle gilt den Berufsfeldpartner_innen, FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH, pad – präventive, altersübergreifende Dienste im sozialen Bereich – gGmbH und Sansho Studio, mit denen gemeinsam das Projekt umgesetzt wird, ein besonderer Dank für die konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit in den ersten Projektmonaten.
Digitale Bildungsangebote bieten eine dezentrale und zeitlich flexible Gelegenheit der Weiterbildung, setzen sich durch verschiedene interaktive Medien vielseitig mit den Inhalten auseinander und unterstützen so Prozesse des lebenslangen Lernens. Bisher stellen diese Bildungsangebote allerdings nur einen kleinen Teil in der frühpädagogischen Bildungslandschaft dar.[i]
Der Corona-bedingte Start des ersten Onlinesemesters der ASH Berlin zeigte auch deutlich, dass es kaum möglich ist, die Lehre quasi über Nacht von Präenzformaten auf digitale Lehrformate umzustellen. Eine Umstellung erfordert fundiertes Wissen über digitale Möglichkeiten. Zentrale Fragen sind hier: Wie können Inhalte digital so aufbereitet und angeboten werden, dass Lernende sich selbstverantwortlich Wissensbestände erarbeiten können? Wie gelingt der Transfer der Inhalte in das zukünftige Alltagshandeln der Fachkräfte? Die Beantwortung der Fragen schließt ein ebenso fundiertes Wissen über die Bedarfe der potenziellen Nutzer_innen und die Nutzungsmuster digitaler Lehr-Lern-Angebote ein.
PIIQUE setzt sich mit diesen Fragen auseinander. Die aus diesem Prozess entstehenden digitalen Lernmedien konzentrieren sich exemplarisch auf die Entwicklung von inklusiven Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte. Sie bauen auf den Erkenntnissen der videografischen Studie des Projekts auf, in der Inklusion im Kita-Alltag untersucht wird. Die Forschungen werden dabei durch einen wissenschaftlichen Beirat unter der Leitung von Prof. Dr. Jegodtka begleitet.
Inklusion und Digitale Bildung im Zentrum der Forschung
Das Projekt folgt dem Verständnis von Inklusion als großem gesamtgesellschaftlichen Reformprozess, der das Ziel hat, das Recht für alle Menschen durchzusetzen, am sozialen Leben und Bildung selbstbestimmt teilzuhaben. Dahinter steht die Annahme von Heterogenität und einer damit einhergehenden selbstverständlichen Berücksichtigung verschiedener Bedürfnisse aller – unabhängig von kultureller, ethnischer und sozialer Herkunft sowie Geschlecht/Gender und individuellen Fähigkeiten.[ii]
In Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung bekommt die Gestaltung des Alltags eine besondere Rolle, da dieser das gesamte Erleben von Kindern zentral bestimmt und ihnen ermöglicht, Grundlage des Miteinanders zu erfahren und zu (er)leben. Gleichzeitig ist festzustellen, dass bisher eine alltagssituierte Inklusion noch nicht ausreichend realisiert wird.[iii] Daran knüpft die Forschung von PIIQUE an und untersucht, wie Inklusion im Kita-Alltag gelebt werden kann.
Ein fester Bestandteil des Alltags in vielen Kitas ist der Morgenkreis. Hier kommen die Kinder und pädagogischen Fachkräfte täglich zusammen, tauschen sich aus und gestalten gemeinsam ihren Tag. Eine inklusive Gestaltung des Morgenkreises bedeutet dabei, dass die Einbeziehung aller Kinder gelingt.
Das Forschungsteam der ASH Berlin nimmt genau dieses Setting in einer videografischen Studie unter die Lupe. Es werden ca. 50 Morgenkreise gefilmt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die daraus gewonnenen Wissensbestände zur inklusiven Gestaltung im Kita-Alltag fließen direkt mit der Entwicklung der digitalen Lernmedien zusammen.
Parallel entwickelt das Forschungsteam der HTW Berlin in partizipativen Workshops mit potenziellen Nutzer_innen ein Konzept für die Gestaltung der digitalen Lernmedien. An den Workshops nehmen Studierende der Kindheitspädagogik, Erzieher_innen in Ausbildung, frühpädagogische Fachkräfte sowie Lehrkräfte der Fach- und Hochschulen teil. Im Zentrum stehen die Lernbedürfnisse von frühpädagogischen Fachkräften und die gemeinsame Konzeption von digitalen Bildungsangeboten.
Eine wichtige Rolle spielt dabei die kooperierende Entwicklungsagentur Sansho Studio, die sich auf Mixed Reality und User Experience spezialisiert hat. Sie unterstützt das Projekt in technischen Angelegenheiten und in der prototypischen Entwicklung innovativer Lernformate.
Die beiden kooperierenden Träger von Kindertageseinrichtungen, FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH und pad gGmbH, ermöglichen den Zugang zu Kitas in Berlin-Brandenburg. Gleichzeitig wirken Trägervertreter_innen und pädagogische Fachkräfte an der Entwicklung von digitalen alltagsintegrierten Lernangeboten mit und unterstützen auch deren Transfer in das Berufsfeld. Bis dahin stehen aber noch fast zwei Jahre Projektlaufzeit bevor.
Projektstart während der Corona-Pandemie
Zur Zeit des Projektbeginns im April 2020 waren die Kitas aufgrund der Corona-Pandemie zum größten Teil geschlossen sowie Präsenz-Veranstaltungen nicht möglich. In den ersten Monaten wurde daher gemeinsam das Forschungsdesign neu ausgerichtet, das Datenschutzkonzept mit besonderem Fokus auf den eingeschränkten Hochschulbetrieb entwickelt und die Forschung vorbereitet.
So wird z. B. der erste Workshop nicht als Präsenztermin gestaltet, sondert findet jetzt über die Methode Cultural Probes[iv] im Selbststudium statt. Dafür bekommen die Teilnehmenden ein Paket nach Hause geschickt, das u.a. Fragebogen zum Lernverhalten, eine Einwegkamera, um Lernorte festzuhalten und Selbstbeobachtungsaufgaben zum Ausbildungs- und Berufsalltag enthält. Das Ziel ist es, durch die Analysen der Alltagsproben, ein Bild davon zu erhalten, wie und wo potenzielle Nutzer_innen lernen bzw. lehren.
Durch die Wiedereröffnung der Kitas konnten die Videoaufnahmen im September zunächst regulär beginnen. Für den Fall, dass neue Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie eintreten, haben pädagogische Fachkräfte angeboten, sich gegenseitig in den Kitas zu filmen.
Die ersten Herausforderungen konnten wir so gemeinsam bewältigen. Wir sind sehr gespannt auf den weiteren Projektverlau.
Kurzinformation
Projektname
PIIQUE - Pro Inkludierende Interaktion in der Kita – Qualität crossmedial entwickeln
Projektlaufzeit
01.04.2020 bis 31.03.2022
Projektleitung
Prof. Dr. Corinna Schmude (ASH Berlin), Prof. Alexander Müller-Rakow (HTW Berlin)
Projektmitarbeiter_innen
Ina-Marie Abeck, Antonia Schäfer (Wissenschaftliche Mitarbeiter_innnen)
Julia Herold-Daihs, Anna Brauwers (studentische Mitarbeiter_innen)
Kooperationspartner_innen:
FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH,
pad gGmbH, Sansho Studio UG,
Prof. Dr. Aljoscha Jegodtka (IUBH – Internationale Hochschule)
Mittelgeber_in
Institut für angewandte Forschung Berlin (IFAF Berlin)
Kontakt abeck@ ash-berlin.eu
/typo3/Literatur
[i] Buschle, C. & König, A. (2018): E-Learning und Blended-Learning-Angebote: Möglichkeiten beruflicher Weiterbildung für Kita-Fachkräfte. MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 30(1), 50-72.
[ii] Heimlich, U. (2019): Inklusive Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer.
Schmude, C. & Pioch, D. (2014): Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung – Kita inklusiv! Inklusive Kindertagesbetreuung – Bundesweite Standortbestimmung und weitergehende Handlungsempfehlungen. Forschungsbericht. www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/doc/Expertise_final_web.pdf (Zugriff am 16.09.2020).
[iii] Heimlich, U. (2019): Inklusive Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer.
[iv] Gaver, W.W., Dunne, A. & Pacenti, E. (1999): Cultural Probes. interactions vi(1), 21-29.