Forschung Gesundheitskompetenz geflüchteter Frauen

Gesundheitskompetente Systeme in der Versorgung geflüchteter Frauen rund um Schwangerschaft und Geburt in Deutschland

bunte Sprechblasen auf weißem Hintergrund
Gute Kommunikation ist bei der Versorgung geflüchteter Frauen rund um Schwangerschaft und Geburt wichtig pixabay

Gesundheitskompetenz ist über die letzten zwei Jahrzehnte als Schlagwort der Wissenschaft und der Praxis aufgestiegen. Auch im Bereich Migration und Flucht wird Gesundheitskompetenz als wichtiger Bestandteil der Navigation und Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung sowie der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention identifiziert. In diesem Kontext wird betont, dass Gesundheitskompetenz nicht nur auf individuelle Fähigkeiten basiert, sondern durch die Strukturen des Gesundheitssystems geprägt wird. Dies ist besonders deutlich in der Gesundheitsversorgung geflüchteter Frauen rund um Schwangerschaft und Geburt. Denn geflüchtete Frauen erfahren einen Bruch in ihrer Gesundheitskompetenz infolge ihrer Migration. Gleichzeitig konfrontiert sie ein Gesundheitssystem in Deutschland, das nicht bedarfsorientiert oder gesundheitskompetenzfördernd ist. Dies wirkt sich negativ auf die Versorgungsqualität und ihre Gesundheit rund um Schwangerschaft und Geburt aus.

Eine Möglichkeit, die Gesundheitskompetenz geflüchteter Frauen und gleichzeitig responsive Systeme zu fördern, besteht im Aufbau gesundheitskompetenter Systeme. Das bedeutet, dass Gesundheitskompetenz in allen Facetten des Systems vorhanden ist, sodass diversitätssensible Versorgung entstehen kann. Dabei liegt der Fokus auf Mängel im System anstatt auf wahrgenommene Defizite der Frauen. Mithilfe einer qualitativen Analyse von Interviews mit 59 Fachkräften im Rahmen des PROREF Projekts wird gezeigt, dass ein gesundheitskompetentes Gesundheitssystem in der Versorgung geflüchteter Frauen rund um Schwangerschaft und Geburt aus drei Faktoren besteht: gesundheitskompetente Fachkräfte, Patient_innen und Kommunikation.
 

„Kommunikation muss klar und einfach sein ohne Vorannahmen über die Gesundheitskompetenz geflüchteter Frauen.“


Gesundheitskompetente Fachkräfte werden durch flucht- und gesundheitskompetenzbezogene Fort- und Ausbildungen in ihrer Rolle als Vermittler_innen von Gesundheitskompetenz gestärkt. Dazu gehört auch der Ausbau aufsuchender Arbeit durch Hebammen und Sozialarbeiter_innen, da dies besonders responsiv auf die Kontexte geflüchteter Frauen ist. Kommunikation muss klar und einfach sein ohne Vorannahmen über die Gesundheitskompetenz geflüchteter Frauen. Dazu muss Sprachmittlung Teil der Regelversorgung werden, um gesundheitskompetente Kommunikation zu sichern. Der Ausbau von Netzwerken wie Frühe Hilfen fördert eine Kooperation zwischen Fachkräften und damit eine verbesserte Kommunikation zwischen Fachkräften und Müttern in der Versorgung. Zuletzt muss die Förderung der Gesundheitskompetenz geflüchteter Frauen im Vordergrund stehen. Das geschieht durch Partizipation geflüchteter Frauen an der Gestaltung der Versorgung rund um Schwangerschaft und Geburt und unter Einbeziehung vertrauter Wege der Informationsvermittlung (z.B. WhatsApp) in der Versorgung.

Gesundheitskompetenz ist ein essenzieller Teil einer responsiven und qualitativ hochwertigen Versorgung geflüchteter Frauen rund um Schwangerschaft und Geburt. Die empirischen Ergebnisse und die Literatur zeigen, dass das deutsche Gesundheitssystem nicht gesundheitskompetent ist. Die Umsetzung der genannten Forderungen würde die Gesundheitskompetenz des Systems stärken und damit die Versorgung geflüchteter Frauen aber auch neuimmigrierter Frauen in Deutschland verbessern. 

Autorin:
Elizabeth Mohr, Studentische Mitarbeiterin PROREF, M.Sc. Public Health, elizabeth.mohr@ avoid-unrequested-mailsash-berlin.eu