Forschung Gemeinsam ausbilden für eine patientenorientierte interprofessionelle Zusammenarbeit

Eine Rückschau auf das Projekt INTER-M-E-P-P

Prjektgruppe steht in einer Reihe und schaut in die Kamera
Die Mitglieder der Projektgruppen INTER-M-E-P-P und interTUT bei der gemeinsamen Veranstaltung am 15.6.2017 Simone Baar, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Für eine moderne Gesundheitsversorgung werden alle Gesundheitsberufe gebraucht, denn Patient_innen weisen zunehmend komplexe Krankheitsbilder auf. Um eine gute Versorgung gewährleisten zu können, ist die professionelle und patientenorientierte Zusammenarbeit verschiedener Gesundheitsberufe notwendig. Bisher findet die Ausbildung der Gesundheitsberufe jedoch getrennt voneinander statt und dies erschwert die selbstverständliche Zusammenarbeit in der Versorgung. Das 2013 gestartete Projekt „INTER-M-E-P-P – Interprofessionelles Lehren und Lernen in Medizin, Ergotherapie, Physiotherapie und Pflege“ sollte dies ändern. Das Kooperationsprojekt der ASH Berlin, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) hatte das Ziel, Studierenden aus vier Gesundheitsberufen das gemeinsame, interprofessionelle Lernen (IPE) zu ermöglichen. Eine Planungsgruppe mit Vertreter_innen aus den drei Hochschulen war für die Projektplanung und -umsetzung verantwortlich. In dieser arbeiteten Professor_innen, Studierende und eine wissenschaftliche Mitarbeiterin (Absolventin der ASH Berlin) zusammen und entwickelten interprofessionelle Lehrangebote, die in die curriculare Lehre der ASH Berlin, Charité und EHB implementiert wurden.

Entwickelt wurde das Lehrformat „Grundlagen des Umgangs mit bewegungseingeschränkten Menschen“, das im Bachelorstudiengang Physio-/Ergotherapie der ASH Berlin im zweiten Semester für alle Studierenden gemeinsam mit Medizinstudierenden angeboten wird. In dieser Veranstaltung lernen die Physiotherapie- und Medizinstudierenden die verschiedenen Blickwinkel ihrer Berufe auf das Thema Bewegungsunterstützung kennen. Dann wird die Mobilisation einer bewegungseingeschränkten Person in Kleingruppen miteinander praktisch geübt.

Interprofessionelle Zusammenarbeit

In einem weiteren Format im fünften Semester lernen die Physiotherapie- und Medizinstudierenden in einem Kleingruppenformat zum Thema „Interprofessionelle Zusammenarbeit“. Hier geht es um die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen beruflichen Rollen und Aufgaben. In einem Film werden die verschiedenen Perspektiven auf eine Patientin beleuchtet und die Studierenden wenden das gewonnene Wissen an, indem sie gemeinsam einen interprofessionellen Behandlungsplan erstellen.

Lehrende und Studierende bewerteten die Veranstaltungen positiv. Die Lernatmosphäre war von Offenheit und gegenseitigem Interesse geprägt und es wurde insbesondere der Raum für den Austausch sehr geschätzt, was exemplarische Rückmeldungen der Studierenden zeigen:

„Es hat Spaß gemacht in der Gruppe miteinander diskutieren zu können und die unterschiedlichen Meinungen, Ansichten, Blickwinkel kennenzulernen; derartige interprofessionelle Treffen sind für Gruppen, die sich später im Berufsfeld in enger Zusammenarbeit begegnen, sehr wichtig, um eben diese verbessern zu können.“ (Medizinstudent_in 5. Semester)

„Es war sehr interessant, einen Einblick in die andere Berufsgruppe zu erlangen und sie so zu verstehen und neue Erkenntnisse zu erfassen.“ (Pflegestudent_in im 4. Semester)

Im Laufe des Projekts wurde deutlich, wie schwierig die Implementierung gemeinsamer Veranstaltungen in die Curricula der verschiedenen Studiengänge ist. Damit dies gelingt, ist die Unterstützung für IPE und die Umsetzung interprofessioneller Lehre auf diversen Ebenen in den Institutionen notwendig. In Gesprächen mit den Hochschulleitungen und mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit wie z.B. Tagungsauftritte oder Artikel, brachte die Projektgruppe das Thema immer wieder ins Bewusstsein. Ein Höhepunkt war eine Tagung am 15. Juni 2017 zum Thema „Interprofessionelles Lernen und Lehren in Berlin. Für eine bessere Gesundheitsversorgung“, die gemeinsam mit dem Partnerprojekt „InterTUT – Interprofessionelle Tutorien“ veranstaltet wurde. Vorgestellt wurden Ergebnisse beider Lehr- und Lernprojekte und es gab die Möglichkeit zum Austausch und zur Vernetzung mit Akteur_innen im Ausbildungsbereich in Berlin und Umgebung. Hier wurde auch der „Berliner Aufruf für interprofessionelle Ausbildung und Kooperation in den Gesundheitsberufen“vorgestellt, der notwendige Weichenstellungen benennt, um die interprofessionelle Ausbildung zukünftig zu fördern.

Sensibilisierung Studierender

Neben der Ansprache von Lehrenden und Hochschulleitungen war die Sensibilisierung Studierender ein wichtiges Ziel. Dieses hat sich die ebenfalls interprofessionell zusammengesetzte Studierendengruppe des INTER-M-E-P-P Projektes auf die Fahnen geschrieben. Mit einem Facebook-Auftrittund Flyern warben sie bei ihren Kommiliton_innen für die informelle Vernetzung miteinander. Unter dem Namen „STUBI cops – Studierende, Auszubildende und Schüler_innen der Gesundheitsberufe für mehr cooperation of professionals“ luden sie zum interprofessionellen Stammtisch ein, traten gemeinsam bei einem CareSlam[1] auf und entwickelten einen Workshop von Studierenden für Studierende. In diesem Workshop laden sie die Kommilitonen ein, mit ihnen gemeinsam über die Notwendigkeit der interprofessionellen Ausbildung zu diskutieren.

Nach vier Jahren zieht die Projektgruppe ein positives Fazit: IPE ist für alle beteiligten Berufe in den Fokus gerückt und es konnten zwei Lehrveranstaltungen curricular verankert werden. Angesichts der Prognosen für das Gesundheitssystem ist dies ein guter Anfang auf dem Weg zu mehr interprofessionellem Lernen. Dies ist wesentlich für die Vorbereitung Studierender auf eine kooperativere Praxis der Gesundheitsversorgung. In einem hochschul(typ)übergreifenden Projekt wirken die Rahmenbedingungen blockierend und unterschiedliche Sozialisation der Lehrenden und Lernenden stellen alle vor Herausforderungen. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass es lohnt "wenn man sich auf den Weg macht". Die im Rahmen des Programms Operation Team angestoßenen interprofessionellen Lehr- und Lernprojekte gilt es nun weiter auszubauen.

 

Projektname: INTER-M-E-P-P – Interprofessionelles Lehren und Lernen in Medizin, Ergotherapie, Physiotherapie und Pflege
Projektlaufzeit:
 01.11.2013 bis 30.11.2015
Projektleitung:
 Prof. Dr. Heidi Höppner (ASH Berlin), Prof. Dr. Harm Peters (Charité Berlin), Prof. Dr. Cornelia Heinze (EH Berlin)
Projektmitarbeiter_in:
 Ronja Behrend
Kooperationspartner_innen: 
Charité - Universitätsmedizin BerlinEvangelische Hochschule Berlin
Mittelgeber_in
Robert Bosch Stiftung, im Rahmen des Programms „Operation Team – Interprofessionelles Lernen in den Gesundheitsberufen“


[1] Care Slam: „Das Konzept des CareSlams verbindet Elemente von PoetrySlam und ScienceSlam mit politischen Inhalten. Wird beim PoetrySlam eben Poesie vorgetragen und beim ScienceSlam wissenschaftliche Inhalte für „Laien“ aufbereitet, so steht beim CareSlam die berufliche und pflegerische Situation der Akteure im Vordergrund.“ http://www.careslam.org/careslam/ . Zugriff am 9.11.2017.