FORSCHUNG „Die Kinder waren mit Spaß bei der Sache und haben sprachlich viel gelernt“

Ergebnisse der Evaluation eines Sprachförderungsprojekts in Berliner Kitas

Von wegen zurückhaltend: Tanzende und singende Kinder auf der Bühne. (c) Märchenland/ Philipp Schumann
Von wegen zurückhaltend: Tanzende und singende Kinder auf der Bühne. (c) Märchenland/ Philipp Schumann

Vor den Augen begeisterter Eltern und etwas neidisch dreinschauender Geschwister verwandeln sich Kinder in Hasen und Igel, Pech- und Goldmarien, Pferde und andere Tiere. Sie spielen zusammen mit Künstler_innen die Märchen „Der Hase und der Igel“, „Frau Holle“ und „Hans im Glück“. Auf der Bühne singen, wiehern, tanzen und rennen Mädchen* und Jungen*, von denen es hieß, sie seien verschwiegen und zurückhaltend. Die Erzieher_innen und Sprachberater_innen strahlen: „Die Kinder haben nicht einfach nur nachgesprochen, was ihnen gesagt wurde, sondern sie haben verstanden, um was es geht.“

Was war passiert? Das „Märchenland – Deutsches Zentrum für Märchenkultur“ setzte im Rahmen eines Projekts Märchenspiele zur Sprachförderung von fünf- und sechsjährigen Vorschulkindern (Kontext § 55 Schulgesetz) in neun Berliner Kitas ein. Das über die Winterzeit 2017/18 laufende Projekt wurde von der Senatsver¬waltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft gefördert. Dazu gehörte auch eine Evaluation durch die ASH Berlin, die als Hochschule des Landes bereits bei anderen Gelegenheiten für die Senatsverwaltung tätig war.

Die Evaluation fand an zwei Orten statt: „Spatzennest“ in Hellersdorf und „Kitas im Palasseum“ in Schöneberg. Dort wurden detailliert Daten durch Fragebögen zu den Workshops und Aufführungen sowie in persönlichen Interviews mit Erzieher-, Sprachberater- und Künstler_innen gesammelt. Die Auswertung beruhte auf 53 vollständig ausgefüllten Fragebögen und 147 Seiten Transkript .

Das Projekt hatte eine sehr hohe Akzeptanz. Eine „sehr gute bis gute“ Gesamtnote vergaben die befragten Erzieher_innen und Sprachberater_innen und lobten die Künstler_innen: „Kinder waren hoch motiviert und wurden einbezogen“, „Kinder äußern sich gleichzeitig mit der Bewegung“ und „auf Antworten der Kinder wird reagiert, sie werden eingebaut“. Zu den Aufführungen hieß es: „Kombination der in den Proben gelernten Spiele, Geschichten und Lieder zu einem Gesamtwerk. “

Die Interviewpartner_innen schilderten die unterschiedlichen Wirkungen des Projekts:
Festigung des Wortschatzes: „Bei einzelnen Kindern ist viel passiert. Kinder, die gar kein Deutsch konnten – bei denen war ein Lerneffekt zu sehen, sowohl beim Sprechen als auch beim Mitmachen.“
Selbstbestätigung: „Da haben sich kleine Persönlichkeiten geöffnet, die vorher wahnsinnig ver-huscht und ängstlich waren.“
Befähigung: „Das war erstaunlich für uns und für die Kinder. Wie sie gespielt haben, wie sie es pantomimisch dargestellt haben.“
Zugehörigkeit: „Sobald die Kinder verstanden haben, dass sie dabei sind, wenn sie ein¬fach erstmal mitmachten, wurden sie immer sicherer.“

Der Evaluationsbericht Kollak und Schmidt (2018) kommt zum Fazit: „Die Befragten sprachen dem Projekt und seinen kreativen Methoden eine sehr gute bis gute Bewertung und damit eine hohe Förderungswürdigkeit aus.“
Eine Mitarbeiterin aus Schöneberg wünscht sich eine dauerhafte Förderung aller Vorschulkinder. Ihre Aussage kurz und bündig zusammengefasst lautet: „Die Projekte enden, die Probleme bleiben.“

(Dieser Beitrag erschien in dieser Version in alice No. 35 im Sommersemester 2018.)