Tagung Soziale Arbeit am Lebensende – und danach

Rückblick auf den Fachtag des studentischen Projektes „Zwischen Leben und Tod – Sterbebegleitung und psychosoziale Beratung in Hospiz, Palliative Care und Klinischer Sozialarbeit“

vor einer Leinwand sitzen Personen auf einem roten Sarg
Anne N. Gendera/Carola Lobedan

„Interessierte können gerne in der Mittagspause im Sarg Probeliegen!”
Dieses ungewöhnliche Angebot, in einem roten Vorführsarg im Audimax der Alice Salomon Hochschule Berlin zu liegen, machte Cornelius Schubert. Der Student der Sozialen Arbeit war Teilnehmer des Projektes „Zwischen Leben und Tod – Sterbebegleitung und psychosoziale Beratung in Hospiz, Palliative Care und Klinischer Sozialarbeit“ unter der Leitung von Prof. Dr. Rainer Fretschner und Prof.in Dr.in Gudrun Piechotta-Henze. Das viersemestrige studentische Projekt endete mit dem spannenden Fachtag „Soziale Arbeit am Lebensende – und danach“. Rund 120 Gäste kamen am 05. Februar zu der Veranstaltung.

Nicht genug vorbereitet auf den Umgang mit sterbenden Menschen

Statt Begrüßungsworten begann der Fachtag mit einer filmischen Einführung zum Thema „Sterben und Tod – blinde Flecken im Studium der Sozialen Arbeit?“. Die Projektstudierenden, Steffi Hille, Alexander Kobes, Jens Schuster und Maria Wagner hatten Student_innen der Sozialen Arbeit interviewt und gefragt, inwiefern die Themen „Trauer, Sterben und Tod“ im Studium und im Praktikum behandelt werden. Übereinstimmend resümierten die Studierenden, dass sie in der Praxis, insbesondere im Praktikum, Erfahrungen mit der Thematik gemacht haben – und in der Regel mit der Situation überfordert waren. Ein Grund dafür sei, dass sie im Studium, also in der Theorie, nicht ausreichend oder gar nicht auf den Umgang mit sterbenden Menschen, auf den Tod und auf Trauergefühle vorbereitet worden sind.

Dieser kritische und appellierende Einstieg zog sich wie ein roter Faden durch den Fachtag. Im nachfolgenden Vortrag von Christin Ruhnau, Cornelius Schubert und Tim Jacob mit dem Titel „Methodische Handlungskompetenz von Sozialarbeiter_innen bei der Begleitung von Menschen am Lebensende – und darüber hinaus“ erläuterten die Referent_innen zunächst, wie groß und vielfältig die Aufgabenbereiche von Sozialarbeiter_innen seien. Kommunikation und Beratung würden in diesem Arbeitskanon eine exponierte Rolle spielen, insbesondere im Umgang mit Menschen, deren Lebensende bevorsteht und für ihre An- und Zugehörigen.

Es folgten vier Workshops: Der Leiter des Hospizdienstes Dong Ban Ja, Dr. Dharma Raj Bhusal, berichtete in einem Workshop von notwendigen interkulturellen Aspekten und Sichtweisen in der Hospizarbeit. Heiner Melching, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, ging im Workshop „Sterben: Wünsche, Vorsorge, Begleitung. Soziale Arbeit in der Hospiz- und Palliativversorgung“ fokussiert auf die Aufgaben von Sozialarbeiter_innen ein und wie ihr aktueller und zukünftiger Stand in den interdisziplinären Teams wahrgenommen wird.

Letzte Fragen und (wenige) Antworten

Auch Harry Potter Fans kamen auf ihre Kosten und konnten sich im Workshops mit dem Titel „Harry Potter und das Labyrinth der Trauer“ verschiedenen Aspekten von Trauer nähern. Dieser Workshop der etwas anderen Art wurde von Jan Möllers, Kulturanthropologe, Bestatter und Mitbegründer von “Memento Bestattungen”, organisiert und durchgeführt.
Einen weiteren inspirierenden Workshop von Prof. Dr. Rainer Fretschner (ASH Berlin) zu „Philosophie und Thanatologie: Letzte Fragen und (wenige) Antworten“ ermöglichte Interessierten die Grundpositionen der Philosophie und Thanatologie (Wissenschaft von Tod, Sterben und der Bestattung) kennen zu lernen.

In allen Workshops wurde intensiv diskutiert, sowohl gelacht als auch nachdenklich innegehalten. Themen und Ergebnisse wurden anschließend – auf dem roten Sarg oder auf Stühlen sitzend – im Audimax skizziert und mit dem Publikum ausgetauscht.
Wer es in der Mittagspause nicht geschafft hatte, konnte nach der Tagung noch in die Ausstellung „Nochmal leben vor dem Tod – Wenn Menschen sterben“ in Raum 213 aufsuchen. Die Journalistin Beamte Lakota und der Fotograf Walter Schels hatten 25 schwerkranke Menschen in den letzten Wochen ihres Lebens begleitet, Gespräche geführt und Porträtfotos vor und unmittelbar nach dem Tod dieser Menschen gemacht. Sowohl in einem Buch als auch im Ausstellungsformat sind diese sehr berührenden Lebensgeschichten und Fotos festgehalten.

Francesca Semer studiert Soziale Arbeit an der ASH Berlin.