Zwei Tage lang trafen sich über 100 Wissenschaftler_innen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland, um die Möglichkeiten und Chancen digitaler Lehre unter dem Dach der ASH Berlin zu diskutieren. Dazu eingeladen hatte der Kooperationsverbund Hochschulen für Gesundheit e.V. (HoGe), der gegenwärtig 44 Hochschulen und Universitäten mit gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen zusammenbringt, um hochschulübergreifende Initiativen zur Verbesserung der Hochschulbildung für Gesundheitsberufe zu entwickeln.
Nach den einleitenden Begrüßungsworten durch Prof. Dr. Uwe Bettig, Rektor der ASH Berlin und Ko-Präsident der HoGe zeigten bereits die ersten beiden Keynotes von Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld, Präsident der Hochschule Hamm Lippstadt, und von Dr. Eva-Maria Beck, ASH Berlin, den weiten Spannungsbogen der Thematik. Unter dem Titel „Digitalisierung als Strategie zur Hochschulentwicklung“ machte Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld deutlich, dass die Digitalisierung eine deutliche Chance nicht nur in Bezug auf die administrativen Prozesse einer Hochschule, sondern auch im Hinblick auf die methodische Vielfalt der Lehrmethoden sei. Oft könne man sich bereits auf gute, auf dem Markt existierende Programme verlassen. Eine Anpassung dieser Programme auf die hausinternen Prozesse in Administration und Lehre sei hierbei unerlässlich und diene darüber hinaus einer Qualitätsentwicklung. Die Untersuchung der Employability der Studierenden nach Abschluss ihres Studiums werde als wichtiger Indikator bezogen auf die Digitalisierungsbedürfnisse der Studiengangsabsolvent_innen angesehen.
Unter dem Stichwort „Studieren vom Sofa aus“ stellte Dr. Eva-Maria Beck den neuen ASH-Studiengang „Interprofessionelle Gesundheitsversorgung-online (IGO) B. Sc.“ vor. Bei dessen Konzept handelt es sich um einen berufsbegleitenden, onlinebasierten Bachelorstudiengang für Berufserfahrene aus Pflege (Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Altenpflege) und Therapie (Ergo-, Physiotherapie, Logopädie). Der Studiengang ist ausgerichtet auf eine interprofessionelle Gesundheitsversorgung unter Einbezug der bereits vorhandenen Praxiserfahrungen der Teilnehmer_innen ausgerichtet. Dabei bietet die Online-Basierung den Lernenden neben ihrer beruflichen Tätigkeit und sozialen Verpflichtungen größtmögliche Orts- und Zeitunabhängigkeit. Zusätzlich zu den Lehrveranstaltungen können sie sich flexibel mit den Dozent_innen und Kommiliton_innen in virtuellen Chaträumen treffen. Dies kommt einer individuellen Lebensplanung sehr entgegen. Es ermöglicht ein Arbeiten in Teilzeit, was heute unter dem Gesichtspunkt der Demographie und des Fachkräftemangels äußerst wichtig ist. Darüber hinaus stärkt dieses Modell die Selbstverantwortlichkeit für das eigene Lernverhalten.
Den Keynotes folgten drei parallele Workshops am Nachmittag zu den Themen „Technologie-basierte ambulante Therapie“, „Dezentrale Reflexion kommunikativer Prozesse in interprofessionellen Online-Seminaren“ und „Selbstverantwortliches Studieren mit E-Portfolio“. Noch am Abend setzten die Gruppen ihre spannenden Diskussionen bei einem Come together in Berlin-Mitte fort.
Den zweiten Tag der Tagung eröffneten die Keynotes 3 und 4 von Dr. Martin D. Denz, Vertreter des Schweizer Healthcare-Providers Medbase, und Dr. Thies Pfeiffer von der Universität Bielefeld. Mit Vorausschau auf das „Gesundheitswesen 2040 – Utopien und Dystopien der Digitalisierung“ stellte Dr. Denz die Balance zwischen digitalen und analogen Qualitäten mit dem Schwerpunkt Telemedizin vor. Neue Wege würden entstehen, indem man sie gehe, alle Risiken einer neuen Methode könne man nicht vorab ausreichend klären. Mit Blick auf „Virtual Reality in der Ausbildung von Gesundheitsberufen“ zeigte Dr. Pfeiffer die technischen Möglichkeiten auf und führte die Teilnehmer_innen in einen virtuellen Behandlungsraum. Hier führte er am Beispiel des Legens einer Verweilkanüle vor, wie durch Simulation konkreter Handlungssituationen praktische Abläufe erlernt werden können.
Die anschließende Poster-Session offenbarte noch einmal mehr das breite Spektrum der Digitalisierungsthematik: An 23 Posterständen wurde angeregt mit den Verfasser_innen diskutiert. Eine kurze Information über das International Journal of Health Profession (IJHP) rundete den Vormittag mit einem Special Call for Papers zum Thema dieser Tagung ab. Im Schlussplenum diskutierten zuletzt die Podiumsgäste Prof. Dr. Ursula Walkenhorst von der Universität Osnabrück, Dr. Martin D. Denz, Dr. Thies Pfeiffer, Susanne Waldow-Meier und Selamawit Woldai, Studentin der ASH, moderiert von Prof. Dr. Peter C. Meyer, Consultant aus Zürich, lebhaft über die Chancen und Risiken der Digitalisierung von Lernen und Lehren.
[Auszüge aus der Diskussion sind nachzulesen im ausführlicheren Tagungsbericht auf der HoGe-Website unter: http://www.hochges.de/index.php/71-tagung-der-hochschulen-fuer-gesundheit-e-v-am-27-28-september-2018-digitales-lernen-und-lehren]
Das Ergebnis der Tagung ist sicher vielschichtig. Kurz zusammengefasst löst die Digitalisierung unsere Probleme nicht, aber digitale Strukturen können sowohl administrative als auch Lehr- bzw. Lernprozesse unterstützen. In den zwei Tagen wurden deutlich mehr Chancen als Risiken erkannt: Die Digitalisierung sei nicht aufzuhalten, wichtig sei aber, die Bedarfe gemeinsam auch interprofessionell zu eruieren. Und letztendlich sei die Digitalisierung in allen Vernetzungsprozessen wichtig, so das Resümee. Auch unter dem Aspekt der internationalen Vernetzung stellt das Thema Digitalisierung ein wichtiges Thema für alle Teilnehmer_innen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland dar.
Dies griff Prof. Christiane Mentrup als Ko-Vorsitzende der HoGe in ihren Schlussworten noch einmal auf und brachte ihre Vorfreude zum Ausdruck, bei der nächsten großen HoGe-Tagung am 3. und 4. September 2020 weiter zu diskutieren. Dann nämlich lädt die niedersächsische hochschule 21 in Kooperation mit der Akademie für Bildung und Karriere des Universitätsklinikums Eppendorf nach Hamburg ein zum Thema „Internationale und interprofessionelle Kooperationen in der Bildung im Gesundheitswesen“. Auch dort wird Digitalisierung sicher wieder ein Thema sein.