Hochschulleben Stellungnahme von Professor_innen der ASH Berlin zur Broschüre „Ene, mene, muh – und raus bist du!“

Professor_innen des Studiengangs Erziehung und Bildung im Kindesalter sowie sowie Soziale Arbeit der ASH Berlin nehmen Stellung zur Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung | Solidaritätsbekundung von Professor_innen der Evangelischen Hochschule Freiburg

Die Amadeu Antonio Stiftung ist seit Mitte November wegen der Handreichung „Ene, mene, muh – und raus bist du! Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik“ zur Zielscheibe einer öffentlichen Diffamierungskampagne geworden. Durch falsche Wiedergabe von Textstellen, gezielte Auslassungen und Fehlinterpretationen wurde seitens rechtspopulistischer bis rechtsextremer sogenannter „Alternativmedien“ der Eindruck erweckt, diese Handreichung zum Umgang mit Rassismus und Rechtsextremismus in Kindertageseinrichtungen wolle dazu animieren, die politische Einstellung von Eltern zu erfassen und zu kontrollieren. Die Verfasser*innen der Handreichung, zu denen auch eine Angehörige der Alice Salomon Hochschule Berlin gehört, sind Diffamierungen und Angriffen auf ihre wissenschaftliche Integrität ausgesetzt.

Wir solidarisieren uns mit der Amadeu Antonio Stiftung und den Autor*innen der Broschüre und weisen alle Versuche, kritische Wissenschaftler*innen zu diffamieren aufs Schärfste zurück. Als Zeichen der Solidaritätsbekundung haben auch 18 Professor_innen und Dozent_innen der Evangelischen Hochschule Freiburg diese Stellungnahme unterschrieben.

Aus der fachlichen – kindheitspädagogischen und sozialarbeiterischen – Perspektive betrachten wir die Broschüre als einen notwendigen und wichtigen Baustein, um offen, kritisch und differenziert über das Phänomen rechtsgerichteter und menschenverachtender Einstellungen in Kitas zu diskutieren und zu einem fachlich und ethisch begründeten Umgang damit zu finden. Die Broschüre enthält nicht nur praxisbezogene Handlungsempfehlungen, sondern auch vertiefende Diskussions- und Reflexionsanstöße für Fachkräfte und Leitungen, die mit dem Phänomen rechtsextremer und menschenverachtender Positionen in Kindertageseinrichtungen konfrontiert sind. Dabei werden konsequent verschiedene Ebenen thematisiert: das konkrete Kind, die Kindergruppe, die Eltern bzw. die Familie, das Team, das Leitbild der Kita sowie gesellschaftliche Bezüge.

Anhand zahlreicher Fallbeispiele wird in der Broschüre aufgezeigt, wie es pädagogischen Fachkräften gelingen kann, mit Kindern über das Thema ins Gespräch zu kommen, ihnen die positive Bedeutung von Vielfalt, gegenseitigem Respekt und demokratischen Werten zu vermitteln und sie für Ausgrenzungs- und Diskriminierungspraktiken zu sensibilisieren. Dabei geht es im Kern frühpädagogischer Arbeit um die Rechte und die Bildungschancen aller Kinder – kein Kind darf exkludiert werden! Demokratie- und Menschenrechtsbildung gehört zum gesetzlichen Auftrag von Kitas.

Aus professionstheoretischer Perspektive sind Kitas in demokratischen Gesellschaften ideologiefreie Orte. Wir stützen die in der Broschüre formulierte Positionierung gegenüber Eltern bzw. anderen Familienmitgliedern, aber auch Kolleg*innen, die sich in Kita diskriminierend, rechtsextrem und menschenverachtend äußern: Keine Kita in einer demokratischen Gesellschaft darf entsprechende politische Ideologien dulden. In Bezug auf ihre Elternschaft gilt aber für alle Eltern das Recht auf Gleichwertigkeit: Hier gilt es Dialogräume offen zu halten und mit allen Eltern in Bezug auf die Betreuung, Erziehung und Bildung ihres Kindes zu kooperieren. Das Wohl des Kindes hat dabei immer höchste Priorität.

Fachkräfte, die ihre Rolle als Erziehende und Vorbilder von Kindern dazu missbrauchen, politisch oder auch religiös motiviert, menschenverachtende, diskriminierende, nicht-inklusive, antidemokratische Positionen zu propagieren, sind für die professionelle Arbeit mit Kindern und deren Eltern in Kindertageseinrichtungen nicht geeignet.

Die Broschüre bietet keine einfachen Handlungsrezepte an, sie regt vielmehr zum Nachdenken, Diskutieren und Reflektieren an und betont damit die Verantwortung die Träger und Fachkräfte-Teams haben, sich mit jeder Form von demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Positionen zu beschäftigen, sich eindeutig zu positionieren und miteinander zu solidarisieren, wenn Angst und Verunsicherung geschürt werden sollen.

 
Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann; Hochschullehrerin für Bildung im Kindesalter;

Prof. Dr. Regina Rätz, Hochschullehrerin für Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe;

Prof. Dr. Anja Voss, Hochschullehrerin für Gesundheit und Bewegung

Unterstützt von: Prof. Dr. Iman Attia; Prof. Dr. Gesine Bär; Prof. Dr. Luzi Beyer; Prof. Dr. Heinz Cornel; Prof. Dr. Francesco Cuomo; Prof. Dr. Rahel Dreyer; Prof. Dr. Ulrike Eichinger; Prof. Dr. Oliver Fehren; Prof. Dr. Silke Gahleitner; Prof. Dr. Brigitte Geißler-Piltz; Prof. Dr. Susanne Gerull; Prof. Dr. Hedwig Griesehop; Prof. Dr. Elke Josties, Prof. Johanna Kaiser; Prof. Dr. Marion Mayer; Prof. Dr. Tamara Musfeld; Prof. Dr. Nivedita Prasad; Prof. Dr. Barbara Schäuble; Prof. Dr. Utan Schirmer; Prof. Dr. Corinna Schmude; Prof. Dr. Sandra Smykalla; Prof. Dr. Sabine Toppe; Prof. Dr. Johannes Verch; Prof. Dr. Bettina Völter; Prof. Dr. Uta Maria Walter; Prof. Dr. Widdascheck

Unterstützer_innen der Evangelischen Hochschule Freiburg: Markus Breuer, Sibylle Fischer, Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff, Doris Hensel-Gebhard, Barbara Hirth, Prof. Dr. Hiltrud Loeken, Prof. Dr. Reinhard Lohmiller, Prof. Dr. Heiko Löwenstein, Laura Kassel, Nicola Desireé Klotz, Prof. Dr. Gesa Köbberling, Prof. Dr. Dirk Oesselmann, Prof. Dr. Maike Rönnau-Böse, Prof. Dr. Gisela Rudoletzky, Prof. Dr. Anke Stallwitz, Jennifer Wägele, Jutta Wagner, Prof. Dr. Nina Wehner