Das Überwinden von gesellschaftlichen Ungleichheiten war schon für Alice Salomon Kern ihres Handelns und so ist es nur selbstverständlich und logisch, dass wir auch zukünftig als Angehörige der Alice Salomon Hochschule Berlin diesen Ansatz fortführen.
Ob nun im gesprochenen oder im geschriebenen Wort, ist Sprache häufig ein wirkmächtiges Ungleichheitsinstrument. Sprache bildet einerseits unsere gesellschaftlichen Strukturen ab und prägt andererseits unsere Wahrnehmung. So ist z.B. das Identitätsmerkmal Geschlecht nach wie vor eine scheinbar wichtige Ordnungskategorie, die (noch) nicht ohne Macht- und Normierungsvorstellungen auskommt. Sprache wirkt.
Mit Blick auf ein allgemein etabliertes Geschlechtersystem, das von der Existenz zweier klar bestimmbarer Geschlechter, also von „Männern“ und „Frauen“, ausgeht, gibt es nun zwei unterschiedliche Herangehensweisen, ein Aufbrechen dieser sehr binären Vorstellungen aktiv mitzugestalten. Das „Neutralisieren“ und das „Sichtbarmachen“.
Sprache ist häufig ein wirkmächtiges Ungleichinstrument
Eine Entscheidung zur Nutzung von „neutralen“ Formulierungen macht das Geschlecht zwar „unsichtbar“, führt aber wiederrum für viele trans* und inter* Personen zu einer (alltäglichen) Wiederholung und Fortführung in Gesellschaften nicht mitgedacht zu werden oder gar nicht erst existent zu sein.
Die Strategie des Sichtbarmachens dagegen zeigt die Vielfalt von Geschlecht(ern) und leistet damit einen wichtigen Beitrag für die Emanzipation und eine freiere Persönlichkeitsentwicklung aller Menschen.
Die letzte Sprachregelung für die Satzungen und Ordnungen der ASH Berlin sah vor, generell die weibliche Form zu verwenden. So hieß es bisher: „„Alle Amts-, Status-, Funktions- und Berufsbezeichnungen, die in dieser Satzung erscheinen, betreffen Frauen und Männer gleichermaßen und werden in der entsprechenden weiblichen Sprachform geführt.“ Hintergrund dieser Entscheidung vor vielen Jahren war das Aufbrechen der üblicherweise verwendeten männlichen Form mit dem Hinweis der vermeintlich ‚besseren Lesbarkeit‘ der Texte. Sollten sich vorher alle Studentinnen*, Mitarbeiterinnen* und Dozentinnen* ‚mitgemeint‘ fühlen, wenn von Studenten, Mitarbeitern und Dozenten die Rede war, fanden einige männliche* Hochschulangehörige das absurd. Begründet wurde die Verwendung der weiblichen Form jedoch damit, dass die deutliche Mehrheit der Student_innen, aber auch Mitarbeiter_innen und Dozent_innen weiblich* war (und noch immer ist).
Angesichts des Geschlechterdiskurses der letzten Jahre schien diese damals revolutionäre Entscheidung nun aber überholt. Die Frauen*beauftragte Verena Meister brachte daher 2015 den Antrag in den Akademischen Senat ein, eine neue Sprachregelung zu finden, die alle Menschen einschließt, und hierfür eine AG einzusetzen.
Eine diskriminierungsärmere Sprachform finden
Dieser Herausforderung hatte sich die AG „Gendergerechte Sprache“ gestellt und dem Akademischen Senat einen Entwurf zur sprachlichen Regelung an der Hochschule zur Abstimmung vorgelegt. Ein wichtiger Aspekt war, neben der Eindeutigkeit des Gesagten/Geschriebenen und der inklusiveren Ansprache geschlechtlicher Identitäten, eine diskriminierungsärmere Sprachform zu finden.
Die Verwendung des statischen Unterstrichs (Gender Gap) hat sich bereits in der Hochschule etabliert und wurde somit einvernehmlich in den Antrag unter Punkt 1 aufgenommen. Der Unterstrich bietet dabei einen inklusiveren Ansatz geschlechtliche Vielfalt abzubilden, denn die entstandene „Gleitzone“ zwischen den binären Polen „männlich“ und „weiblich“ schafft einen nötigen Freiraum für z.B. nicht-binäre, genderfluide und/oder trans* bzw. inter* Menschen. Richtet sich der Blick eher auf die „Lücke“ zwischen den Polen, kann es auch wiederrum eine Möglichkeit sein das Menschen sichtbar gemacht werden, die sich mit keiner geschlechtlichen Zuordnung identifizieren (können), z.B. Agender.
Um den Konstruktionscharakter von „Geschlecht“ zu verdeutlichen und auch Menschen, die sich nicht in die Norm von Zweigeschlechtlichkeit verorten können oder wollen, anzusprechen und diskriminierungsärmere Teilhabe am universitären Leben zu ermöglichen, hat die AG unter Punkt 3 den Vorschlag eingebracht, „Frauen“ und „Männer“, „männlich“ und „weiblich“, zukünftig mit einem Gender-Sternchen (*) zu versehen. Dieser Schritt wurde von allen Beteiligten als notwendiger Prozess und als Verantwortungsübernahme gegenüber allen Hochschulangehörigen verstanden, dient aber nicht als Lösung in Bezug auf eine Wiederholung diskriminierender Gewalt durch die Einordnung geschlechtlicher Vielfalt z.B. unter dem Begriff „Frauen“.
Die sogenannten geschlechtsneutralen Formulierungen sollten keine Verwendung finden, da sie nur eine scheinbare Neutralität hervorbringen. Auf bildlicher Ebene gesprochen werden z.B. Hosen als geschlechtsneutral und Unisex bezeichnet, sind aber von der Assoziationskette eher „männlich“ konnotiert, während ein Kleid niemals als neutral bewertet werden würde.
Es geht um das Sichtbarmachen von geschlechtlicher Vielfalt
In einigen Studien zu geschlechtsneutraler Sprache wurde auch festgestellt, dass vor dem inneren Auge von befragten Personen (eher) ein Bild von „Männern“ anstatt von „Frauen“ entstand. Da es der AG ja hauptsächlich um das Sichtbarmachen von geschlechtlicher Vielfalt ging, wurde unter Punkt 2 vorgeschlagen auf geschlechtsneutrale Formulierungen zu verzichten.
In der Abstimmung wurden die Punkte 1 und 3 angenommen, der Punkt 2 jeoch abgelehnt. In allen neu zu erstellenden oder zu ändernden Satzungen und Ordnungen der ASH Berlin wird also ab sofort das Gender-Gap als Regel verwendet und Begriffen wie weiblich*, männlich* etc. das sogenannte Gender-Sternchen angefügt. Weiterhin können sogenannte geschlechtsneutrale Formulierungen wie ‚Studierende‘, ‚Lehrende‘ etc. verwendet werden.
Jana Maria Knoop
stellv. Frauen*beauftragte
jana.knoop@ash-berlin.eu