Hochschulleben Neujahrsempfang 2025 – Rede der Präsidentin der ASH Berlin

Prof. Dr. Bettina Völter sprach ausführlich über die Besetzung des Audimax und den Umgang mit den Haushaltskürzungen

Neujahrsempfang der ASH Berlin im Januar 2025
Präsidentin Bettina Völter richtet sich beim Neujahrempfang 2025 mit einer Rede an die Hochschule. ASH Berlin

Dies ist die Langfassung der Neujahrsansprache. Auf dem Neujahrsempfang wurde eine kürzere Version verlesen.

 

Liebe Hochschulangehörige, liebe Gäste,

Ich freue mich und danke Ihnen und Euch, dass Sie und Ihr alle gekommen sind/seid.

Den Neujahrsempfang verbindet die Hochschulleitung mit den besten Wünschen für das neue Jahr.

Mögen Sie gesund bleiben, möge es Frieden geben, mögen Sie sich persönlich geborgen und behütet fühlen in diesem Jahr und mögen Sie zufrieden sein und zuversichtlich bleiben, dass sich Schwierigkeiten und Herausforderungen zum Guten wenden.

Mögen wir alle gemeinsam und in kritischer Solidarität an diesen Herausforderungen wachsen.

Das Catering für den heutigen Mittag ist angesichts der derzeitigen vorläufigen Haushaltsführung gesponsert. Den Spender_innen, die anonym bleiben möchten, danke ich herzlich.

Mein Dank geht auch an Sie, liebe Hochschulangehörige, für ein sehr arbeitsreiches Jahr 2024, das wie im Flug vorüberging und doch wie immer sehr, sehr intensiv, voller Erlebnisse und vielfältig war. Wir haben die große Chance, an einer Hochschule mit systemrelevanter Lehre, Forschung, Transfer und Nachwuchsförderung arbeiten und wirken zu dürfen. Hochschulen sind spannende und offene Bildungseinrichtungen, die manchmal wie ausgestorben wirken und manchmal vor sich überschlagenden Ereignissen erzittern und vibrieren – und natürlich gibt es alle Schattierungen von Erlebnisformen von Hochschule dazwischen.

Wir haben vier Tage des Vibrierens hinter uns. Für manche aus der Hochschule war die Besetzung am 6. Januar und die Präsenz der Studierenden im AudiMax vor Ort kaum wahrnehmbar, für andere war sie phasenweise beängstigend. Für viele war sie aus unterschiedlichen Gründen sehr belastend. Es waren Menschen auch persönlich betroffen. Dafür bitte ich ausdrücklich um Entschuldigung. Verstört und in ausgesprochene Zerreißproben gebracht, hat der Ausdruck des Protestes sicher die allermeisten, mindestens durch die Berichterstattung in den Medien, die ihr eigenes Bild erzeugte und auf uns zurückwirkte.

Auch für all die negativen Emotionen, die unangenehmen Eindrücke, den Ärger, die Sorgen und die Hilflosigkeit sowie auch die zusätzliche Arbeit, die die Tage von Montag bis Donnerstag vergangener Woche durch die Besetzung ausgelöst haben, bitte ich Sie um Entschuldigung.

Ich bin als Mensch nicht unmittelbar von Diskriminierung betroffen. Umso wichtiger ist es mir, dass wir uns vor Augen führen: Es ist unsere Aufgabe und menschliche Pflicht, und auch unsere Aufgabe als Angehörige einer offenen Hochschule, uns klar zu machen, was es bedeutet, ein Leben lang im Alltag Antisemitismus oder Formen des Rassismus, wie antimuslimischem Rassismus, ausgesetzt zu sein. Abwertende Äußerungen, Ausschließungen, Instrumentalisierungen, pauschale Beschönigungen, physische und/oder verbale Gewalt und Bedrohungen quasi ständig und überall unverhofft oder erwartet, erleben zu müssen und aushalten zu müssen, kann mit erhöhter Wahrscheinlichkeit krankmachen, zermürben und schwächen. Dabei ist die gesellschaftliche Erwartung an die erlebenden Personen auch noch diejenige, dass sie die Anfeindungen gegen ihre Würde und die Versuche der Entmenschlichung nicht so wichtig nehmen, nicht skandalisieren, einen Umgang damit finden. Dies ist eine absolute Zumutung für Menschen, und wir müssen in der Tat als Institution und als Angehörige der ASH Berlin alles dafür tun, dass der strukturelle Antisemitismus und Rassismus, der auch in unserer Hochschule von Betroffenen wahrgenommen, der angeklagt und angemahnt wird und gegen den zurecht protestiert wird, ernst genommen, angesprochen und behoben werden. Dies gilt auch für die als bedrohlich empfundenen ikonisch wirkenden Bilder, die während der Protesttage und dem dabei täglich abgestimmten Programm für den Folgetag entstanden sind sowie auch alle Tendenzen des Alltagsantisemitismus und Alltagsrassismus.[1]

Dass nun eine Gruppe von Studierenden, die sich für pro-palästinensische Anliegen einsetzt, zurecht antimuslimischen Rassismus an der ASH Berlin anklagt, zu Unrecht sich aber gleichzeitig während der Protest-Tage massiv antisemitisch äußerte, ohne sich dessen Wirkung und Bedeutung vollumfänglich bewusst zu sein, ist fatal, schürt weiter die Polarisierung, gegen die wir an der ASH Berlin seit dem 7. Oktober arbeiten, es ist aber eine Realität, vor der wir die Augen nicht verschließen dürfen, sondern der wir uns als Bildungsinstitution unbedingt stellen müssen. Dies ist im Kontext der nachvollziehbar massiven, teilweise nicht faktenbezogenen Anklage und unter der Beobachtung, unter der wir stehen und die keine Fehleinschätzungen und Fehler mehr zulassen wird, mehr als eine große Herausforderung. Es erfordert (eigentlich) Zeit zur Verarbeitung des Geschehenen und des Real Vorhandenen, tiefgehende (selbst-)kritische Auswertung, Gespräche und Vertrauensbildung in alle Richtungen, klare Grenzsetzungen und dennoch Einladung, Teil des Bildungsprogramms unserer Hochschule zu werden, gemeinsames Nachdenken, ein differenziertes, transparentes Herangehen und sehr gute, starke und kundige Partner_innen im Außen. Und dies alles bei laufendem Hochschulgeschäft.

Ich bin sehr froh, dass sich zunächst deutlich über 100 Hochschulangehörige am Dienstagmorgen in einem Sounding Board über ihre Empfindungen austauschten. Ich wünsche mir, dass in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten noch viele Menschen aus der Hochschule zu Wort kommen und ihre Gedanken und Gefühle teilen. Wer heute die Gelegenheit nutzen möchte, weiter ins Gespräch zu gehen, ist herzlich dazu eingeladen.

Gestern hatte ich die Möglichkeit, die Geschehnisse der vergangenen Woche, die Haltung des Präsidiums dazu, unsere Vorgehensweise und die breit getragene kritische Solidarität dem Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz Prof. Dr. Walter Rosenthal mitzuteilen und mit ihm darüber ausführlich zu sprechen. In allen Gesprächen, die ich in den vergangenen Tagen führte, mit der Senatorin und dem Staatssekretär, mit dem Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus, mit dem Einsatzleiter der Polizei, mit dem Urgroßneffen von Alice Salomon, mit Expert_innen für Antisemitismus und Rassismus, mit Menschen aus Politik und Gesellschaft, merke ich, wie wichtig es ist, umfassend zu informieren, in den Austausch zu gehen und sich dabei wechselseitig tief zuzuhören.

Es sind in der Regel lange Gespräche, die sehr weiterführend und auch wohltuend sind. Es ist jetzt so wichtig, mit vielen Menschen und allen Seiten zu sprechen, ich habe dazu bereits weitere Gespräche mit Tacheles, also der Gruppe von Studierenden, die von Antisemitismus betroffen sind, mit dem Personalrat und Frau Einsporn angefragt, mit den Delegierten der Protestierenden, die u.a. den strukturellen erlebten Rassismus an unserer Hochschule zum Thema machen, wird es ein Gespräch geben, im Präsidium haben wir gestern beschlossen, dass wir Versammlungen der Lehrenden und der Verwaltungsmitarbeitenden vor Ort anbahnen möchten und auch mit allen Studierenden in einem Sounding Board den Austausch suchen.

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Prof. Dr. Rosenthal verwies gestern in dem sehr langen und konstruktiven Gespräch mit mir u.a. darauf, dass wir in Deutschland bewusst offene Hochschulen haben. Sie sind Orte des Austausches und der Bildung, die Autonomie genießen. Genau dadurch kann es allerdings auch jederzeit zu Auseinandersetzungen auf dem Campus kommen, niemand sei davor geschützt.

Die Frage ist also, wie damit umgehen?

Auch wenn wir uns an der ASH Berlin bereits seit Längerem intensiv mit dem Umgang mit Terror und Krieg im Nahen Osten befasst haben – mit unterschiedlichen Angeboten, die Ihnen allen offenstehen – und auch wenn wir bereits andere herausfordernde Situationen an unserer Hochschule gemeistert haben, war unsere Lernkurve in der vergangenen Woche sehr steil. Wir setzen darauf, dass wir durch die Gespräche und die weiteren Formate des Umgangs mit dem Erlebten gemeinsam wachsen werden und unsere Hochschule noch resilienter machen werden gegen Antisemitismus und Rassismus, verbale Gewalt und Grenzüberschreitungen zu Lasten anderer Menschen. Der Präsident der HRK hat mich persönlich und uns dazu ermutigt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Ich bin auch sehr dankbar für die stärkende Solidarität, der sich viele Hochschulmitglieder und externe Kolleg_innen angeschlossen haben. Inzwischen haben 388 Kolleg_innen aus der ASH Berlin und anderen Hochschulen den Solidaritätsbrief unterzeichnet. Weitere Solidaritätsbekundungen sind entstanden. Es kommen mittlerweile auch Angebote für längere Interviews in der Presse, ein Radiofeature, für die Organisation von vielfältigen, auch die Seele und die Gefühle ansprechenden Formaten des Austauschs und der Entwicklung hier an der Hochschule. Das ist sehr, sehr schön, und ich bin dafür außerordentlich dankbar.

Denn es geht ja nicht um mich, nicht um das Präsidium oder allein die ASH Berlin. Es geht um die Autonomie und Resilienz von Hochschulen, um die Chance, differenzierte Meinungsbildungsprozesse und Bildungsprozesse zu ermöglichen und autoritäre sowie radikalisierende Tendenzen zu erkennen und zum Schutz unserer Demokratie abzuwehren.

Die ASH Berlin versucht hier einen eigenen Umgang zu finden mit Terror und Krieg im Nahen Osten. Für die Zerreißproben, die sie dafür eingeht und die damit verbundenen Kosten wird sie, das Präsidium und vor allem ich derzeit teilweise aufs Allerschärfste kritisiert und zur Rechenschaft gezogen. Dies nehme ich sehr ernst und es geht mir zu Herzen. Ich kann Ihnen aber auch mitteilen, dass die Zuschriften, die ich erhalte überwiegend positiv, stärkend und voll des Lobes für die Leistungen der ASH Berlin in dieser großen Herausforderung sind. Dieses Lob gebe ich gerne an Sie alle weiter.

Und ich danke meinen beiden Kolleginnen im Präsidium Gesine Bär und Anja Voss für ihre bewundernswerte klare Haltung, die hervorragende, kundige und der Hochschule zu 100 Prozent verpflichte engagierte, umsichtige und solidarische Zusammenarbeit bei der Leitung der Hochschule!

Mich leiten auf dem aktuellen Weg sehr zwei der Mitteilungen, die wir im Rahmen unserer Reihe „Zivilgesellschaftliches Engagement in Israel/Palästina. Stimmen gegen die Perspektivlosigkeit“ von Menschen aus dem Nahen Osten gehört haben. Ob sie Palästinenser_innen oder Israelis waren oder beides, alle bisherigen Referent_innen der Reihe haben uns gesagt, dass ihnen eine polarisierte Diskussion und polarisierte Umgangsweisen in Europa und Deutschland nicht helfen. Es müssen Wege der Verständigung mit allen Positionen zum Nahostkonflikt und seinen Auswirkungen auch auf uns und gerade hier bei uns gefunden werden, um den Menschen dort im ersehnten und für uns alle so wichtigen Friedensbildungsprozess hilfreich zu sein.

An dieser Stelle möchte ich Sie alle nochmals zum vierten und letzten Vortrag der Reihe einladen: Am 30. Januar werden Tova Buksbaum & Wajih Tmaiza Fawzeya vom Parents Circle - Families Forum von 14-16 Uhr hier im AudiMax ihre Perspektive mit uns teilen, unter dem Titel „Holding on to Humanity - Shared Grief, Shared Hope: How Do We Heal?“

Die zweite Botschaft aus den Vorträgen war, dass Demokratie ein kostbares Gut ist, das auch erodieren kann, wie dies leider derzeit in Israel der Fall ist und in Gaza schon lange der Fall war. Unsere Referent_innen hoffen, dass dies in den europäischen Ländern nicht auch weiter der Fall ist und geben uns mit: Demokratie, auch innerhochschulische Demokratie, lebt von Ambivalenzen, von der Stärke, auch verunsichernde Momente aushalten zu können, auch die Ratlosigkeit, das Nicht-Wissen, das in so mancher Situation steckt. Demokratie lebt von der Differenziertheit der Betrachtung und Umgehensweise, auch wenn dies manchmal sehr schmerzhaft ist und Umwege und viel Stress bedeutet.

Die ASH Berlin tut gut daran, zu denen zu gehören, die diesen Weg gehen, der alle Stimmen einschließt, dabei konsequent gegen Diskriminierung, Antisemitismus und Rassismus, Hass und Gewalt vorgeht, die Solidarität untereinander stärkt und die demokratischen Gremien und Institutionen innerhalb und außerhalb der Hochschule hochhält und pflegt. Nur so können wir uns als resiliente Organisation für die kommenden Herausforderungen entwickeln und aufstellen.

Ich möchte mich gemeinsam mit vielen aus dem Kollegium dafür einsetzen und – wenn nötig – auch darum ringen, dass alle unsere Studierenden ihren Platz an unserer Hochschule finden, dass alle gehört werden, ihre Anliegen differenziert entgegengenommen werden und sie die Chance haben, einen Weg durch ihr Studium zu finden, sodass sie als professionell gebildete, im Umgang mit Konflikten erfahrene Absolvent_innen dann auch ihren wichtigen Beitrag in den SAGE-Berufen leisten können.

Dafür ist es wichtig, Studierenden das Vertrauen zu geben, dass dies ihre Hochschule ist, dass sie gleichzeitig aber auch mit ihren Widersprüchen, Grenzüberschreitungen und schlimmstenfalls strafrechtlich relevanten Verlautbarungen einzelner oder bestimmter Gruppen sehr kritisch und streng konfrontiert werden können. Mit dieser Haltung sind wir den Protesten bisher begegnet und müssen hierbei noch erfahrener und konsequenter werden, was den Schutz aller Hochschulmitglieder angeht.

Ich komme zu einem zweiten, nicht minder wichtigen Thema: Denn es ist ja nun beileibe nicht so, dass wir nur mit dieser Herausforderung konfrontiert sind: Im November wurden wir darüber informiert, dass der im Februar 2024 unterschriebene Hochschulvertrag in dieser Form nicht eingehalten werden kann. Dies bedeutete bis zum 31.12.2024, dass wir für die Genehmigung des Haushaltsplans zu sorgen hatten. Wir hatten als Hochschulleitung Gelegenheit, die Hochschulöffentlichkeit und die Gremien dazu noch zu informieren und erste Stimmen und Proteste zu umgesetzten Streichungen zu hören. Unser Haushalt wurde Ende 2024 mit Auflagen genehmigt. Eine der Auflagen ist, dass wir im Haushaltsplan 2025 eine Sperre von 8% auf die konsumtiven Ausgaben anbringen müssen. Insofern befinden wir uns nun bis Ende Januar in der zweiten Phase des Umgangs mit den Kürzungen. Wir müssen eine Sperre von 2.141.643,92 € (ohne Bauunterhalt) ansetzen. Das Ziel dieser Phase ist, aus der derzeitigen vorläufigen Haushaltsführung herauszukommen.

Wir sollten nun, in der sich mit der zweiten Phase überlappenden dritten Phase, die bis zum Beginn der Ergänzungsverhandlungen zum Hochschulvertrag am 23. Januar 2025 geht, die besonderen Problemlagen und Bedarfe der ASH Berlin uns bewusstmachen und vortragen.

Wieder überlappend hat nun die Vorbereitungsphase auf die Verhandlungen begonnen. Ziel ist ein Mandat des Akademischen Senats für die verantwortlichen Verhandler_innen. Dieses kann Vorschläge und Aufträge erteilen.

Die fünfte Phase des Umgangs mit den Kürzungen beginnt am 23. Januar. Es ist dies die Phase der Verhandlungen über die Ergänzungsverträge. Ziel ist hier, unter der Voraussetzung von Mittelkürzungen auch die Reduktion der Leistungserbringung im Hochschulvertrag und eine Konsolidierung unseres Angebots, gemäß des Leitbilds der ASH Berlin. Wir möchten außerdem als kleinere Hochschule, die noch unter den Wachstumsschmerzen des letzten Hochschulvertrags leidet, die mit den Herausforderungen der Etablierung des Pflege- und des Bachelors Ergo- und Physiotherapie zu kämpfen hat und als eine Hochschule ohne Rücklagen, deren Haushaltsreste in die Ausstattung des Neubaus fließen müssen, eine Kürzung erreichen, die diese besonderen Bedingungen berücksichtigt.

Die Verhandlungen werden sich voraussichtlich bis Sommer 2025 ziehen.

Danach erwartet uns die Umsetzung von Strukturmaßnahmen unter Sparzwang. Hier ist das Ziel, auf lange Sicht abbauende, konsolidierende und gestaltende Strukturmaßnahmen zu etablieren. Dies alles unter der Maßgabe, dass auch 2026 im Land Berlin noch einmal deutlich gespart werden muss.

Die ASH Berlin wurde bekanntlich 1998 auf der Basis eines Senatsbeschlusses von Schöneberg nach Hellersdorf verlagert. Die Kernidee dieses Beschlusses war, im jungen Stadtteil/Bezirk eine Bildungsinstitution mit SAGE-Profil anzusiedeln, nicht zuletzt, um sozialen Verwerfungen vorzubeugen und die demokratische Entwicklung und die Bildung dort zu fördern. Diesem Auftrag kommt die Hochschule seit vielen Jahren überzeugt und engagiert nach. Der Sinn dieses Auftrags ist angesichts der Entwicklung Demokratie gefährdender Bewegungen aktueller denn je.

Zur DNA unserer Hochschule gehören die Projekte und Zuwendungen für Studierende, wie z. B. das Pre-Study Programm für Menschen mit Fluchtbiografie, Zuschüsse für Studienfahrten, Schreibcoaching für Studierende u. a. der First Generation, die gerade aus finanziellen Gründen in Frage stehen. Genau diese Angebote der ASH Berlin tragen aber in erheblichem Maße zur Förderung von Vielfalt, Demokratie und gesellschaftlicher Innovation im Bezirk und für den Berliner Wissenschaftsstandort bei. Diese Projekte tragen nicht zuletzt zum erfolgreichen Abschluss des Studiums bei.

Die ASH Berlin hat sich nicht nur für den Wissenschaftsstandort, sondern auch für die gesellschaftliche Entwicklung im Land Berlin zu einer bundesweit bekannten Bildungseinrichtung entwickelt. Das hat zuletzt das Transferaudit im vergangenen Jahr unterstrichen. Sie steht für Demokratieentwicklung, Geschlechtergerechtigkeit, Diversity, Barrierearmut, für den Bildungszugang für „first generation“-Studierende, für Antidiskriminierung, Rassismus- und Antisemitismuskritik, Menschenrechte, für theoretische und praktische Ansätze gegen Polarisierung, für Innovation und Transfer- und Forschungsstärke im sozialen, kindheitspädagogischen und Gesundheitsbereich. 

Daran anknüpfend möchte ich Ihnen abschließend erzählen, was Mark Jacobs, der Urgroßneffe von Alice Salomon, kürzlich zu mir sagte. Er fragte sich selbst und mich am Telefon, was Alice zu den jüngsten Herausforderungen der Hochschule gesagt hätte, und wir waren uns beide einig, dass sie sich stets für alle Menschen eingesetzt hat, insbesondere für diejenigen, die in Not waren. Sie sei eine große "Brückenbauerin" gewesen. Und so habe er bisher auch die Alice Salomon Hochschule Berlin wahrgenommen, sagte er, als Brückenbauerin, auch und gerade in schwierigen Zeiten. Er schrieb mir am nächsten Tag:

"Wir vertrauen darauf, dass Sie und Ihr Team mit Ihrer Erfahrung, inspiriert von Alice und anderen, Brücken bauen und alle Gemeinschaften unterstützen, die unter Krieg und Vorurteilen leiden. Wir würden uns nichts anderes wünschen."

Ich denke, das kann ganz einfach so stehen bleiben.

Vielen Dank fürs Zuhören und uns allen noch einen schönen Neujahrsempfang!

 

Ich darf jetzt ankündigen: das Fagottduo „Rohrgesänge“ Susanne Benner und Elisabeth Böhm-Christl

Ich übergebe zur Vorstellung des Programms an Prof. Dr. Benner, Familienrechtsprofessorin und Studiengangsleitung Biografisches und Kreatives Schreiben. Und danke jetzt schon mal vorab für Ihr überraschendes Angebot und Geschenk an uns in der aktuellen Krisensituation, den Neujahrsempfang musikalisch zu rahmen!

 


[1] Fußnote ergänzt gegenüber der am 16.1.2025 gesprochenen Fassung: Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus sind seit dem 7. Oktober nachweislich gestiegen. Laut einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu den Wirkungen des Terroranschlags auf die jüdische und israelische Community in Deutschland, berichten Jüd_innen „von immer enger beziehungsweise unsicherer werdenden Räumen, vom Verlust der politischen Heimat, von Verinselung inmitten einer antisemitisch strukturierten Debatte um Israel und Palästina. Dabei ist es wichtig zu begreifen, dass nicht ‚nur‘ der Umstand des Terrors nachwirkt, sondern auch die Abwehr, die Nichtbeachtung, die Anerkennungsverweigerung. In der deutschen, postnationalsozialistischen und postmigrantischen Gesellschaft stehen Jüd_innen sowie Israelis einer Mehrheit gegenüber, die ihre Beziehung zur eigenen Geschichte weitgehend abspaltet, die Erinnerung an die Shoah als leeres Ritual begreift und den Kontakt zu allem Jüdischen ambivalent gestaltet.“ (vgl. Chernivsky, Marina/Loren-Sinai, Friederike (2024): Der 7. Oktober als Zäsur für jüdische Communities in Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Ausg. 25-26/2024, in: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/antisemitismus-2024/549359/der-7-oktober-als-zaesur-fuer-juedische-communities-in-deutschland (aufgerufen 16.01.2025)

Laut CLAIM – einer Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit, zieht sich antimuslimischer Rassismus „durch alle Lebensbereiche, sei es bei der Wohnungssuche, beim Arztbesuch oder in der Schule. Insbesondere nach dem terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 sind antimuslimische Vorfälle sprunghaft angestiegen. Auch Kinder werden verbal und körperlich angegriffen. Ein großer Teil der dokumentierten Vorfälle trifft vor allem muslimische Frauen und findet im Bildungsbereich sowie im öffentlichen Raum statt. Insgesamt ist von einer gravierenden Dunkelziffer antimuslimischer Vorfälle auszugehen.“ (vgl. https://www.claim-allianz.de/presse/pressemitteilung-antimuslimische-uebergriffe-und-diskriminierung-in-deutschland-2023-mehr-als-fuenf-antimuslimische-vorfaelle-pro-tag/ (aufgerufen 16.01.2025)