Lernen & Lehren Menschenrechte im Gesundheitswesen

Sensibilisierung und Möglichkeiten der Implementierung – ein studentisches Projekt

Wir hatten das große Glück, an der ASH Berlin ein dreisemestriges Projektseminar zum Thema „Menschenrechte im Gesundheitswesen. Sensibilisierung und Möglichkeiten der Implementierung“ durchführen zu können. Die Idee für das Seminar entstand aus der Beobachtung und unserer Einschätzung, dass dieses wichtige Thema immer noch in Lehre und Studium zu wenig thematisiert und seine große Bedeutung für die Praxis nicht hinreichend wahrgenommen wird. Obgleich wir bereits im Vorhinein mit der Komplexität des Themas gerechnet hatten, sind wir doch im Laufe des Seminars immer wieder von der Vielgestaltigkeit seiner Aspekte und der Bedeutsamkeit ganz unterschiedlicher Dimensionen überrascht worden. Teilnehmer_innen des Seminars waren Studierende aus dem Studiengang Gesundheits- und Pflegemanagement sowie Gudrun Piechotta-Henze (Pflegewissenschaften), Tim Reiß (Philosophie) und Tim Huttel (Philosophie). Im ersten Semester hat uns Claudia Mahler (Rechtswissenschaft, Deutsches Institut für Menschenrechte) unterstützt, so dass durchgängig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verwirklicht werden konnte.

 

Was sind Menschenrechte?

„Was sind eigentlich Menschenrechte?“ Mit dieser Frage sind wir in das Thema unseres Projektseminars eingestiegen. Alle reden über Menschenrechte – aber es ist gar nicht so einfach zu erklären, was wir unter diesem Begriff genau verstehen. Bevor wir uns einen Überblick darüber verschafft haben, welche unterschiedlichen Menschenrechte es gibt – wie bspw. Menschenrechte auf Bildung oder Gesundheit – und was genau sie jeweils umfassen, wollten wir herausfinden, welche Idee den Menschenrechten insgesamt – also allen Menschenrechten gemeinsam – zugrunde liegt. Dabei ist uns aufgefallen, dass der Begriff auf zwei ganz unterschiedliche Weisen benutzt wird. Wir sprechen einerseits davon, dass Menschenrechte bestimmte basale Rechte sind, die alle Menschen haben und nicht verlieren können, und zwar einfach deshalb, weil sie Menschen sind, und nicht, weil sie bestimmte Eigenschaften haben oder in einem bestimmten Land leben. Jeder Mensch hat diese Rechte, egal wo er lebt. Andererseits sprechen wir manchmal auch in kritischer Absicht davon, dass Menschen in einem bestimmten Land die Menschenrechte oder einige der Menschenrechte nicht haben: In einer Diktatur oder einem totalitären Staat haben die Menschen, die dort leben, häufig nicht alle Rechte, die ihnen zustehen. Das empfinden wir als Skandal, ja manchmal als Ungeheuerlichkeit. Paradox ausgedrückt: Alle Menschen haben die Menschenrechte, aber nicht alle Menschen haben sie. Um diese Zweideutigkeit zu vermeiden, könnten wir davon sprechen: Die Einwohner_innen mancher Länder haben die Menschenrechte nicht, aber sie sollen sie haben. Alle Menschen haben diese Rechte, aber nicht überall und in jeder Hinsicht werden diese Rechte anerkannt, respektiert, gewährleistet. Die beschriebene Zweideutigkeit ist aber in gewisser Hinsicht auch die Pointe der Menschenrechte: Ob jemandem die Menschenrechte zukommen, hängt für uns nicht davon ab, ob diese in der Rechtsordnung des Landes, in der sie_er lebt, tatsächlich garantiert werden. In diesem Sinn handelte es sich um „vorstaatliche“ Rechte oder Ansprüche. Zugleich sollen die Menschenrechte in jedem Staat nicht nur in der Theorie akzeptiert und in Sonntagsreden begrüßt, sondern rechtlich anerkannt und garantiert werden. Deshalb handelt es sich bei den Menschenrechten nicht „bloß“ um moralische Ansprüche, deren Anerkennung vom guten Willen irgendeiner anderen abhängt.

 

Wie werden die Menschenrechte juristisch geschützt?

Nach diesem Einstieg in die Philosophie der Menschenrechte beschäftigten wir uns mit den Grundzügen der juristischen Dimension des Themas. Wir hatten das große Glück, dass uns im ersten Semester Dr. Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte begleitet hat, auf deren umfassende juristische Expertise wir zurückgreifen konnten. Die für die Entwicklung des heutigen Menschenrechtsschutzsystems wichtigsten Dokumente sind neben der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) vor allem die beiden UN-Menschenrechtspakte (1966): Der Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie der Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Wir haben uns dann im weiteren Verlauf mit den Grundzügen des internationalen Menschenrechtsschutzes vertraut gemacht – insbesondere dem Staatenberichtsverfahren im Rahmen der UN. Reichhaltiges Material dazu findet sich auf der Webseite des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

 

Was umfasst das Menschenrecht auf Gesundheit?

Besonders intensiv haben wir uns – aus philosophischer und juristischer Perspektive – mit dem Menschenrecht auf Gesundheit beschäftigt. Was umfasst es genau? Oder anders: Worauf ist das Menschenrecht auf Gesundheit eigentlich ein Recht? Offenkundig kann es ein Recht auf Gesund-Sein im engeren Sinn nicht geben, weil Gesundheit nicht garantierbar ist. Rechtlich garantiert werden kann aber der Zugang zu Gesundheitsleistungen. In welchem Umfang sind diese aber menschenrechtlich garantiert – und damit auch (jedenfalls rechtlich) davor geschützt, einem politischen Spardiktat geopfert zu werden? Als einen zentralen Punkt arbeiteten wir heraus: Es ist eine Verengung, wenn das Menschenrecht auf Gesundheit ausschließlich im Hinblick auf den Zugang zur medizinischen Versorgung verstanden wird. Denn Gesundheit bzw. Gesundheitschancen hängen ganz wesentlich auch von Lebensbedingungen insgesamt ab, vom Zugang zu sauberem Trinkwasser bis zu Bildungsmöglichkeiten und angemessenem Wohnraum. Was sich hier zeigt, ist die sogenannte „Unteilbarkeit“ der Menschenrechte: Die einzelnen Menschenrechte hängen vielfältig zusammen – in unserem Fall das Recht auf Gesundheit bspw. mit dem Recht auf Bildung, auf angemessene Nahrung und auf Wohnen.

 

Gewalt und Gewaltprävention in der Pflege

Eine pflegewissenschaftliche Perspektive führte uns dann auf ein Thema, dass für den Menschenrechtsschutz in der Praxis eine enorme Bedeutung besitzt, über das aber ungern gesprochen wird: Gewalt und Gewaltprävention in der Pflege, insbesondere Gewalt gegen Ältere. Es sind viel mehr Präventionsangebote nötig, um einen möglichst umfassenden Schutz der zu pflegenden Personen sicherzustellen. Übergriffiges oder sogar gewalttätiges Handeln hat dabei oft auch mit Überforderung zu tun. Pflegende müssen unter Bedingungen arbeiten, die ihnen ein menschenrechtsbasiertes Handeln in der Praxis erschweren, ja mitunter unmöglich machen. In diesem Zusammenhang haben wir uns mit Phänomen wie „Coolout“ oder „moral distress“ beschäftigt: Wenn Pflegende erleben, dass sie das, was sie als moralisch richtig erkennen, in der Praxis gar nicht umsetzen können und sogar – etwa aus Zeitdruck – zu einer Pflege gezwungen sind, die ihre eigenen fachlichen und moralischen Ansprüche nicht erfüllt, dann kann das zur „moralischen Desensibilisierung“ führen. Das heißt: Aus Selbstschutz steigt man entweder aus dem Beruf aus, arrangiert sich mit den Widersprüchen oder stumpft ab. Daraus entstand die Frage: Wie geht man damit um, dass das, was in der Pflegetheorie und im Ethikseminar vermittelt wird, in der Praxis kaum umzusetzen ist? Auch diese Frage nach dem Sinn von ethischer Sensibilisierung und Menschenrechtsbildung angesichts der Bedingungen, die derzeit öfters in der derzeitigen Praxis herrschen, ist selbst wieder ein ethisch-moralisches Problem. Wenn mit einem Pflegestreik für bessere Bedingungen gekämpft wird, die eine angemessene und menschenrechtsbasierte Versorgung erst ermöglichen: Darf dadurch die Möglichkeit in Kauf genommen werden, dass durch den Streik Patient_innen im Hier und Jetzt ein Schaden entsteht, zum Beispiel durch die Verschiebung einer Operation? Ein weiterer Aspekt, der nicht unter den Tisch fallen darf: Menschenrechte gelten nicht nur für die Patient_innen, sondern selbstverständlich auch für die Pflegenden selbst. Insofern muss die Frage der Zumutbarkeit bestimmter Tätigkeiten und Bedingungen im beruflichen Handeln für die menschenrechtliche Bewertung immer eine Rolle spielen.

 

Anthropologie und Ethik hängen eng zusammen: Altersbilder und Personenbegriff

Im zweiten und dritten Semester hat uns dann Tim Huttel (Universität Rostock) mit seiner umfangreichen philosophischen Expertise, insbesondere in dem Bereich der Ethik unterstützt. Dabei haben wir uns für einen thematischen Schwerpunkt entschieden, und zwar für die Menschenrechte Älterer. Das Projektseminar und die dadurch gegebenen außerordentlich förderlichen Bedingungen – auch in zeitlicher Hinsicht – gaben uns die Möglichkeit, in einer Tiefe in das Thema einzusteigen, in der das im ‚normalen‘ hochschulischen Lehrbetrieb leider in der Regel nicht möglich ist. Wir haben uns unter anderem mit ‚Altersbildern‘ beschäftigt, d.h. mit den Vorstellungen und auch Stereotypen, die gesellschaftlich mit Altern verbunden sind. Aufgrund einer vorurteilsgeprägten Einstellung werden u.a. die Ressourcen und besonderen Fähigkeiten älterer Menschen systematisch unterschätzt. Das Alter als Lebensphase ist auch ein Thema der philosophischen Anthropologie. Hier ist uns eindrücklich bewusst geworden, welch enger Zusammenhang zwischen Menschenbildern und ethischen Grundhaltungen besteht. Ein ‚mentalistisches‘ oder ‚kognitivistisches‘ Menschenbild setzt eine Person mit ihrem Gehirn oder Bewusstsein gleich. Mit dem Schwinden kognitiver Fähigkeiten – bspw. im Zusammenhang mit einer Demenzerkrankung – „verschwindet“ dann auch die Person. Gegen ein solches Menschenbild lässt sich einwenden: Wir sind leiblich verkörperte Wesen. Auch unser Leib hat eine individuelle Lebensgeschichte. Neben dem autobiographischen Gedächtnis gibt es ein Leibgedächtnis, das wesentlich länger erhalten bleibt. So erleben Menschen mit Demenz beispielsweise die Vertrautheit einer räumlichen Umgebung, auch wenn sie dies nicht mehr sprachlich zum Ausdruck bringen können. Die personale Identität hängt nicht an der Fähigkeit, einen reflektierten Willen zu bilden und zu artikulieren.

Das hat uns sehr deutlich vor Augen geführt, wie wichtig die Thematisierung solcher meist unbewusster Menschenbilder ist, um Betroffenen gegenüber eine angemessene und sensible Haltung einzunehmen, die sie als individuelle Personen wahrnimmt und wertschätzt.

Neben der Theoriearbeit haben die studentischen Teilnehmer_innen zwei Unterrichtseinheiten konzipiert und erarbeitet: Eine einführende Einheit mit dem Titel „Menschenrechte im Gesundheitswesen. Grundlagenvermittlung von Zusammenhängen in der (Pflege-)Praxis“ sowie eine thematisch vertiefende Unterrichtseinheit mit dem Titel „Menschenrechte im Gesundheitswesen. Ältere Menschen und Demenz“.[1] Die beiden Unterrichtseinheiten sind von den Studierenden dann praktisch „erprobt“ worden im Rahmen eines Theorieblocks in einer Berliner Pflegeschule. Hier gab es sehr positive Rückmeldungen, über die wir uns alle sehr gefreut haben. Die Studierenden haben zudem den Rollenwechsel zur Lehrkraft als eine sehr bereichernde Erfahrung erlebt.

 

Menschenrechte und Gemeinwohl

Im Theorieteil des dritten Semesters sind wir schließlich einen Schritt zurückgetreten und haben uns gefragt: So wichtig die Beschäftigung mit Menschenrechten ist, gibt es vielleicht auch Schwierigkeiten, die sich durch die Fokussierung auf den Menschenrechtsbegriff ergeben? Ist es hilfreich, wenn jeder Missstand in Pflege und Gesundheitsversorgung in Begriffen einer Menschenrechtsverletzung thematisiert wird? Auch die Begrifflichkeit von individuellen Rechten hat sich, wie wir gelernt haben, historisch herausgebildet und es gibt alternative Arten und Weisen, über ethisch-moralische Fragen nachzudenken. Beim Nachdenken über diese Fragen hat uns in besonderer Weise Tim Huttel unterstützt, der in einem Forschungszusammenhang mit dem Begriff des Gemeinwohls befasst ist. Der Gemeinwohlbegriff stellt innerhalb des liberalen Rechte-Diskurses eher eine Art Fremdkörper dar. Ist Gemeinwohl mehr und anderes als die Summe der Erfüllung individueller Rechtsansprüche? Liegt hier vielleicht eine Möglichkeit, das normative Vokabular zu bereichern, mit dem wir Zustände und Praktiken im Gesundheitswesen beurteilen? Gibt es ethisch-moralische Dimensionen und Fragen, die sich mit einer alternativen Begrifflichkeit besser oder schärfer darstellen als mit dem Rekurs auf Menschenrechte?

 

Der Schutz vulnerabler Gruppen in Pandemiezeiten

Das dritte Semester stand zum größten Teil jedoch im Zeichen der Erarbeitung der Podcasts, die wir im Folgenden kurz vorstellen möchten. Da wir uns über alle Semester hinweg neben dem vorgesehenen Seminarprogramm immer auch mit den durch die Corona-Pandemie ausgelösten ethisch-moralischen Konflikten und Dilemmata beschäftigt haben, konnten wir uns schnell auf eine thematische Klammer einigen: Der Schutz vulnerabler Gruppen in Pandemiezeiten.

Der Podcast von Samis Fröhlich, „Beschneidung des Rechts auf Gesundheit durch strukturelle Veränderungen in der öffentlichen Gesundheitsversorgung“, beschäftigt sich mit grundsätzlichen ethischen Fragestellungen im Hinblick auf die gegenwärtigen Umbrüche und Entwicklungen in der medizinischen Versorgungsstruktur. In der Corona-Pandemie haben sich hier bestimmte Herausforderungen und Schwierigkeiten in besonderer Deutlichkeit gezeigt, die auch jenseits der Pandemie den Alltag im Versorgungssystem prägen. Im Gespräch mit einem kompetenten Partner aus der Praxis wird unter anderem deutlich: Die Zentralisierung in der stationären Versorgung hat viele ambivalente Aspekte. Das Krankenhaus ist nicht nur ein medizinischer „Reparaturbetrieb“, sondern ebenso ein Ort des öffentlichen Lebens, der insbesondere im ländlichen Raum nicht ersetzbarer Teil der sozialen Infrastruktur ist. Medizinische und soziale Komponente bedingen sich in der Versorgung oftmals wechselseitig und dürfen deshalb gar nicht getrennt betrachtet werden. Ein ökonomistisches Verständnis von Gesundheitsversorgung geht daran vorbei, dass Gesundheit und Gesundwerden immer auch eine psychosoziale Komponente besitzen. Medizinische Einrichtungen sollten zudem auch Orte sein, die den dort beschäftigten Menschen die Erfahrung der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns ermöglichen. Bricht diese Möglichkeit weg – wie es unter dem Primat ökonomischer Zielsetzungen geschieht –, kann das zu Zynismus und Gleichgültigkeit der eigenen Arbeit gegenüber führen. Auch und gerade bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen besteht die Gefahr, dass emotionale Aspekte nicht hinreichend berücksichtigt werden. Die Bedeutung von Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen erschöpft sich nicht darin, dass sie – so ein heute verbreiteter Begriff – zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören. Gleichermaßen sollten sie, wie Samis Fröhlich es auf den Punkt bringt, Orte der Daseinsfürsorge sein.

Der Podcast von Tina Kahlert, „Was war mit uns? Lockdown-Horror für Kinder und Jugendliche während der Covid 19-Pandemie“, beschäftigt sich komplementär mit den Auswirkungen der Maßnahmen auf eine andere vulnerable Gruppe, nämlich auf Kinder und Jugendliche. Im Gespräch mit einer kompetenten Partnerin, die an einem Berliner Gymnasium Sport und Englisch lehrt, wird deutlich, welche womöglich menschenrechtsverletzende Lasten Kindern und Jugendlichen durch die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aufgebürdet wurden. Insbesondere die am Anfang strikte Unterbindung von sportlichen und sozialen Aktivitäten hatte gravierende Folgen für die Entwicklung und (vor allem auch psychischer) Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

Der Podcast von Jessica Kittendorf, „Selbstisolation und die Rechte älterer Menschen in der Corona-Pandemie“, beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern die teilweise drastischen Maßnahmen, die in der Anfangszeit der Corona-Pandemie zum Schutz älterer Menschen getroffen worden sind, die Rechte derjenigen Menschen verletzt haben, die durch sie eigentlich geschützt werden sollten. Das Gespräch mit Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte gibt einen guten Überblick über eine ganze Reihe von ethisch-moralisch hochproblematischen, möglicherweise sogar teilweise grundrechtsverletzenden Maßnahmen während der Corona-Pandemie: Anraten von Selbstisolation; in Pflegeheimen mitunter das Verbot, das Zimmer zu verlassen; Zusammenbruch des sozialen Lebens in den stationären Langzeiteinrichtungen; Entscheidungen über Schutzmaßnahmen ohne Einbezug der Bewohner_innen. Zudem wird im Laufe des Gesprächs die kollektive Zuschreibung von Vulnerabilität problematisiert sowie auf die Diskussion um die UN-Altenrechtskonvention und der möglichen Festschreibung des Alters als unzulässiges Diskriminierungskriterium in Art. 3 GG eingegangen.

Indem die beiden Podcasts von Tina Kahlert und Jessica Kittendorf die Lasten und Folgen der Corona-Pandemie komplementär aus der Perspektive zweier verschiedener vulnerabler Gruppen darstellen, werfen sie eine schwierige, und in dieser Deutlichkeit bisher nicht formulierte ethisch-moralische Frage auf: Inwieweit dürfen Vorkehrungen, die zum besonderen Schutz einer vulnerablen Gruppe (ältere Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf) vorgenommen werden, zu Lasten einer anderen vulnerablen Gruppe (Kinder und Jugendliche) gehen? Gibt es Gesichtspunkte, die eine Abwägung ermöglichen? Womöglich ist eine solche Frage aber auch nicht zu beantworten, sondern gehört in einen offenen Diskussionsprozess, der dazu beiträgt, die damit verbundenen Nachteile und Leiden in den Blick zu nehmen.

 

Menschenrechte im Gesundheitswesen und in der Pflege

Weiterführende Literatur, Filme und Podcast (zusammengestellt von Fulya Kilic (Studentin, ASH Berlin, Studiengang Gesundheits- und Pflegemanagement, B.Sc.)

Amnesty International (2021). Gesundheitsrechte. Voraussetzung zur Einschränkung von Menschenrechten. Abgerufen am 5.4.2023 von https://www.amnesty.ch/de/themen/coronavirus/dok/2021/voraussetzung-zur-einschraenkung-von-menschenrechten
Aronson, P. & Mahler, C. (2016). Menschenrechte in der Pflegepraxis. Herausforderungen und Lösungsansätze in Pflegeheimen. Abgerufen am 15.03.2023 von https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/analyse-menschenrechte-in-der-pflegepraxis
Bonacker, M. & Geiger, G. (2018). Menschenrechte in der Pflege: Ein interdisziplinärer Diskurs zwischen Freiheit und Sicherheit. Barbara Budrich. https://doi.org/10.2307/j.ctvdf03vq
Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen. Abgerufen am 05.04.2023 von www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/charta-der-rechte-hilfe-und-pflegebeduerftiger-menschen-733904
Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland. Abgerufen am 05.04.2023 von https://www.dgpalliativmedizin.de/projekte/charta.html
Derkaoui, S. (o.J.). Was ist Ethik in der Pflege & warum ist sie so wichtig? Was bedeuten die ethischen Prinzipien für deinen Alltag? Abgerufen am 5.4.2023 von https://www.medirocket.de/karrieremagazin/details/was-ist-ethik-in-der-pflege--warum-ist-sie-so-wichtig
Deutsches Institut für Menschenrechte (2016). Menschenrechte in Pflegeheimen. Wie Menschenrechte in der Altenpflege verankert werden können. Abgerufen am 05.04.2023 von https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/menschenrechte-in-pflegeheimen
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Emmer De Albuqurque Green et al. (2017). Die Bedeutung der Menschenrechte in der stationären Altenpflege: Was wissen beruflich Pflegende darüber? Abgerufen am 15.03.2023 von https://www.ksh-muenchen.de/fileadmin/user_upload/Forschungsprojekt_MenPflege_Publikation.pdf
Frewer, A. & Bielefeldt, H. (Hrsg.). (2017). Das Menschenrecht auf Gesundheit: Normative Grundlagen und aktuelle Diskurse. Transcript Verlag. https://doi.org/10.14361/9783839434710-001
Hack, C. et al. (Hrsg.). (2019). Menschenrechte im Gesundheitswesen. Vom Krankenhaus zur Landesebene. Königshausen & Neumann.
Helmrich, C. (2017). Die Verfassungsbeschwerden gegen den Pflegenotstand. Dokumentation und interdisziplinäre Analysen. Nomos.
Knüppel, J. (2018). Gesundheit ist ein Menschenrecht. Abgerufen am 5.4.2023 von https://www.dbfk.de/media/docs/download/DBfK-Aktuell/Gesundheit-ist-ein-Menschenrecht_web.pdf?sn=sn4ed852f08893018d8a7b03db4d5e52
Krennerich, M. (2020). Gesundheit als Menschenrechte. APuZ/Aus Politik und Zeitgeschichte. (Bundeszentrale für politische Bildung). Abgerufen am 05.04.2023 von https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/weltgesundheit-2020/318302/gesundheit-als-menschenrecht/
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Nolte, S. (2016). Ethik: Gesundheit ist ein Menschenrecht. Abgerufen am 5.4.2023 von https://www.aerzteblatt.de/archiv/180283/Ethik-Gesundheit-ist-ein-Menschenrecht
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Videos, Podcast
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Was ist die Pflege-Charta? | ZQP-Erklärfilm. Abgerufen am 15.03.2023 von https://www.youtube.com/watch?v=SU187XwyIsE
Was ist Ethik in der Pflegepraxis? - Ein Erklärvideo. Abgerufen am 15.03.2023 von https://www.youtube.com/watch?v=LTvXrkZnV7M

 

 

 


[1] Materialien/PowerPoint-Folien sind auf der Homepage von Gudrun Piechotta-Henze hinterlegt: www.ash-berlin.eu/hochschule/lehrende/professor-innen/prof-dr-gudrun-piechotta-henze/